Archive for Mai, 2007

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 33

Donnerstag, Mai 31st, 2007

An den Ecken kläffkern Hunde

und du kläffkerst eifrig mit

 

in den engen Gäßchen

schallt es lauter

 

ist kaum Platz

zu heben ganz das Bein

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 32

Donnerstag, Mai 31st, 2007

Manchmal muß man längerhier schon wohnen

um zu wissen

welche Gräber aufgeputzt

welche gar nicht

sind vorhanden

welche Zeichen wichtig

auch zur Umkehr

und Besinnung

 

 

und der Schatten Winands

in dem Turm

wirkt vielleicht ganz schlimm

auf Köpfe

so sie Schoppen

sauren Weins immerzu

hauen in sich rein

und besudeln selbst am End

was sie zu erhalten eingedenk

 

 

ohne je zu fragen

daß die Steine sind

getragen auch von

Zweck und Sinn

 

 

Disneyland das ist nicht alles

kunterbunte Tore ohne nichts

baumelt nur ein leerer Strumpf darin

 

 

Weltkultur das ist nicht nur

Fasnachtsspiele und Fassaden schieben

fängt sich auch ein Panorama ein

 

 

manchmal muß man stören die Idylle

sonst schläft alles ein

beim sauren Schoppenhauerwein

 

ach der arme Schopenhauer

wird er nun zum Gassenhauer

 

und die Größe seines Denkens

Abziehbild und falsches Etikett

 

und der Rheinische Verein

mag sich fragen

wo er früher war

überall dabei

 

und der Gast auf seiner Rast

will er abschneiden den Ast

woraus alles zweigt

 

oder will er sehen

Leben Menschen und Geschehen

was nicht nur Kulisse ist

 

manchmal ist auch not ein Zeichen

daß die bösen Geister weichen

 

und das Erbe mit dem Tal

ist es auch ein Neuanfang

ist es nicht die Stunde Null

die da ausradiert die Tiefe

unverankert Planspielwiese

 

nicht nur Talfahrt

im Welterbetal

manchmal geht es

unverhunzt und unbesudelt

auch bergauf

 

obwohl

Sudler wird hier bald ein Ehrenname

und Verhunzung Anerkennung

 

provinziell niveaulos

ja so will ich sein

herrlich medioker und maskiert

 

aber nicht entmündigt

und bevormundet

 

eher stumpf und hirnlos

 

unverschämte Eindringlinge

wo ist unverfälscht das Orginal

 

der Einsichtige verschmäht

braucht er Jahre

nein Sekunden

 

daß die Urtheilskraft

beim Nachbarn

freut mich wenn

der Nachbar dies mir sagt

 

Denkmal heißt nicht

daß man nicht mehr denken darf

 

Erbe heißt nicht

daß man selber tot

 

und Kultur wirft weg den Hut

der global nur aufgesetzt

 

wer sich denn besudelt fühlt von Heine

der hat selten kurze Beine

 

wie schnell fällt dann auf seinen Schlips

was er selber streut an Gips

 

und der Gast der sich besudelt fühlt von Heine

soll er  bleiben wo der Pfeffer wächst

 

ach wie schnell verfärbt sich

was noch eben grün

Zoten als auch Schoten

 

denn Heine das ist Rhein

genauso wie der Wein

 

vorbei die Zeiten

die ins Unglück schreiten

 

und tu ich mich hier fetzen

und zeig ich Schatten, Widersprüche auf

weil manches unerträglich ist

so fühl ich mich doch nah

und ungetrennt von denen

die wie ich

 

auch wenn der Heine

über Herwegh und den Mohrenkönig lacht

weil zu pathetisch ihm

der ganze deutsche Skatverein

 

setz ich die Toleranz

aufs Banner

 

gelbe Sterne

rosa Winkel

Sinti Roma

 

und die Asche Hadamars dazu

 

 

 

 

 

 

 

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 31

Mittwoch, Mai 30th, 2007

Alle dachten er sei stumm

alle dachten er sei taub

nur weil er ein Wort nie sprach doch er war nur ganz verstört

frag nicht, was  er einst und je gehört

niemand traute er sich an

nur mit Blicken sprach er dann und wann

 

 

 

 

also hörte er im Kahn

alles was der Rabbi sprach

so auch er vernahm

als die schöne Sarah schlief

und der Rabbi Gott anrief

 

 

 

flehend bat er ihn um Gnade

daß er seine Frau so tief belogen

um zu trösten sie

all die Toten ihr verschwieg

ihn nur wollten seine Häscher

doch er wußte- Gott hab Gnade –

alle morden sie dahin

plündern, schatzen, massakrieren

daß da nur kein Zeuge sei

 

 

und am nächsten Morgen

ist die Nacht vorbei

 

 

ruhig friedlich alles einerlei

manche nur sind dann verscharrt

 andre etwas reicher worden

 

 

und vom Haß ist nichts genommen

der bleibt weiter unbenommen

 

 

und der Rabbi bat auch Gott

wegzunehmen ihm den Fluch

den da Sarahs Vater einst gesprochen

sieben Jahre nun zu wandern

 

ganz in Armut betteln gehen

 

und er wußte, jetzt ist kommen

unabwendbar diese Zeit

 

 

und er sehnte sich nach Spanien

wie er immer sehnte sich

 

und er rang mit Gott

nie zu wissen, ob er Feuer oder Eis

beides pochte ganz in ihm

 

 

glühend Liebe Sonne Sand

und die Strenge kalt des Gesetzes Disziplin

 

 

seinem Volk zu leben

war sein ganzes Streben

 

 

Kinder ist die Antwort auf den Tod

 

 

und er bat nun Gott um diesen Segen

wie auch immer ungeschützt die Wege

 

 

 

Gott der Wüste sei zugegen

Wasser spende dem der dürstet

Manna schenke in der Not

nie ermüde unser Ziel

auf Jerusalem zu gehen

statt uns einzunisten in der Enge

wo nur Dunkel herrscht und Tod

 

daß lebendig uns dein Wort

das wir lieben das wir leben das wir lehren

 

doch wie es vermehren

in der Enge Dogma ganz getreu

oder pochend weit der Himmel

schafft dein Wort uns neu die Welt

 

 

Gnade Gott daß wir so denken

und nicht an die Toten denken

 

 

ihnen gib das ew’ge Leben

und von uns nimm unsre Schuld

 

 

 

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 30

Mittwoch, Mai 30th, 2007

Um den alten Turm herum

schweigt die Mauer

niemand wacht

Reben sind geschnitten

umgestülpt

am Ufer Nachen

Netze aufgelöst

Ruder hochgezogen

werfen Schatten in den Sand

zwischen all den Scherben

trocknet Treibholz still

rostet Blech und Nagel

Brunnen ohne Wasser

Dächer schiefergrau

Menschen an dem Ufer

sehen die Weiden nicht

sehen nur die Schiffe

wegziehen immerzu

keiner ankert hier

zieht nur alles

schnell vorrüber

fensterlos die Kapelle

rot wacht sie über grauem Stein

über grobgehaunem Fachwerk

nur der stille Wilhelm

Weißdornzweige in der Hand

ankert hier noch immer

unvergeßlich ihm die schöne Sarah

weiß und totenbleich im Kahn

und ihr schwarzes Haar

unvergeßlich jede Nacht

 

     * * *

 

Sterne blitzen drin

Engel sind sich alle ähnlich

doch wer taubstumm     hört das nicht

Kultur bewegt zur Toleranz – Heine 29

Mittwoch, Mai 30th, 2007

Wann kommt eine Zeit

wo es wieder Leser gibt

die die Texte nicht erhöhen

oder schmähen

sondern lesen und erkennen

ohne Suppe nur zu löffeln

Eintopf oder fett gebraten

Soße ganz aus Brei didaktisch

die da schmecken

Salz und Wort

Lippe sind noch selber Zunge

in der Taubheit unsrer Zeit

 

 

* * * * *

 

Kein Vorhang mehr wo alle Fragen

sind ersoffen nur

in der Laune eines Medienpopanz

 

* * * * *

 

 

Heine gassenhaft

hast du reingesaut

in die Etüden

hast die Seele

zirpeln lassen

und den Nachttopf

ganz geleert

 

 

* * * * *

 

Selten bläst du die Fanfare

wird der Rhein dir auch Staffage

Burgen, Berge, fahrend Ritter

Mythen, Sagen, Trutzgewitter

der Romantik abgeschaut

kleidest neu du jede Braut

auf den Felsen in die Höh

hüpfen Nixen und die Flöh

untergehen tuen Schiffer

damals gab’s noch keine Kiffer

liebestoll nur arme Fischer

doch durch die Fassaden durch

stichst du dann den Spott der Nadel

die die Finsternis durchstochen

alles ist nur falscher Adel

Fliegen sind nur

auf den Leim gekrochen

glaubten dir den Krautsalat

doch dein Herz auch ganz im Scherz

schweigend ist dir      still der Schmerz

 

aus den Flammen Dritten Reiches

bist du nun zurückgekehrt

aus dem unbekannten Volkslied

bist du wieder Name Titel

 

und ich möchte mich

auch nähern dir

um mich zu entfernen wieder

 

Kopist von dem Kopisten

ist unsrer aller kulturellen Spur

 

wir sind doch Epigonen

uns fehlen nur die Throne

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 28

Mittwoch, Mai 30th, 2007

Die Toleranz

 

 

Sie suchten hier am Rhein

schon immer was

das Gold, das Haar, die Krone

 

die Römer suchten auf das Bad

die Kelten den Druidenpfad

die Juden ihre Mikveh

 

die Götter wechselten gar häufig

mal Mithridates, Isis, Bacchus und Astarte

 

auch die Germanen

brauchten einen Heiland

der kräftig war und stark

und siegreich in der Liebe

noch gab es Ehen mehr

als nur zu zweit

 

sie suchten einen Gott

der gab der Kirche

und dem Kaiser

viel Macht und Rom

erhob in neuem Glanz

sich auf des Glaubens Hügeln

 

der große Staufer war dazwischen

ein Hammer, der dann schnell gefällt

 

dann suchten sie

den Buchstab in der Bibel

Luther schaute den Leuten auf das Maul

die Landesfürsten auf die Kassen

 

die armen Bauern waren dazwischen

 

als das vorbei war

dachten sie die Wahrheit

Aufklärung und Moral

 

die Freiheitsbäume und Kokarden

Zipfelmützen Sansculottenhosen

von einer goldnen Biene bald zerfressen

kamen an den Rhein geschritten

 

der arme Hölderlin war auch dabei

 

als das vorbei war

dachten sie Befehl

Gehorsam, Führer und Partei

 

egal in welcher Farbe

das macht sich alles gut

ist nur der Blockwart auf der Hut

 

es blutete der Kontinent ganz fürchterlich

 

als das vorbei war

dachten sie Erfolg

ein jeder gegen jeden

egal mit wem und was und wie

 

selbst in die Seele

schauten sie wie nie

und therapierten was sich nicht

der neuen Leistung unterzog

 

so wuchs bei uns die Toleranz

Produkt aus vielen Kriegen

 

wir bomben nicht mehr zügellos

wir legen Minen nun aus Liebe

 

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 27

Mittwoch, Mai 30th, 2007

Zum Außenseiter auserkoren

 

Mitten in Europa

mitten in Deutschland

in der Mitte

vom Mittelrhein

mitten in der Stadt

bin ich geboren

mitten im Jahrhundert

mitten im Jahr

mitten im Monat

in der Mitte des Tags

1950

15. Juli 12 Uhr

in Bacharach

gegenüber dem Posthof

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 26

Mittwoch, Mai 30th, 2007

Ach du hattest

schöne Locken

fielen dorthin

fielen hierhin

blieben nie

an einem Ort

fielen tief dir ins Gesicht

über deine Stirne ganz

ach du hattest

schöne Locken

und verlockend warst du da

fielst du dorthin

fielst du hierhin

nie bliebst du

an einem Ort

 

 

*  *  *  *  *

 

Täubchen meinte er

zur Therapeutin

und er meinte doch nur

taub sei sie

 

*  *  *  *  *

 

Welle, Welle fließe

immerzu willst frei du sein

doch was ist

wenn du kein Ufer findest

Welle, Welle fließe

immerzu willst frei du sein

doch wann kommt dir in den Sinn

daß du selber nur ein Schwanken

Zufall etwas Strom und Wind

Welle, Welle fließe

immerzu willst frei du sein

doch was ist

wenn du ein Ufer findest

 

* * * * *

 

Skeptisch war er gegen Bischöfe, auch gegen die des Atheismus.

 

* * * * *

 

Warum blieb er hier

wenn sich ihm hier nichts mehr bot

doch es zieht ihn in die Tiefe

zieht ihn ganz zurück

an den Anfang seines Lebens

hier waren seine ersten Schritte

hier wird lernen er

durch alle Fesseln gehen

Kunst bewegt zur Toleranz Heine 25

Mittwoch, Mai 30th, 2007

Und die schwarzen Katzen

dösen auf den Treppenstufen

sonntags hell im Mittagslicht

und die Sonne wärmt ihr glänzend Fell

sind zu faul sich jetzt zu putzen

und die Krallen scharf wie nie

zucken noch vom Mäusemorden in der Nacht

und der junge Vogel ward gefressen

eben hat er noch den Tag besungen

gleich am frühen Morgen schon

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 24

Dienstag, Mai 29th, 2007

Und es war im Traum heut morgen

und da hüpft ich federleicht

war ein Vogel ohne Schwingen

und umfaßte dich doch ganz

sah in deine Augen tief hinein

blaue Meere öffnete die Seele

selten war ich dir so nah

und dein Fuß er stand auf meinen

und von Stein zu Stein war’s ein Gelingen

setzte auf und war schon fort

wieder auf dem nächsten ganz

genau berechnet Sprung und Absprung

nichts an Kraft ging da verloren

harrte aus nur so wie nötig

weiter ging’s ein Flug ohn Brechung

reiste so durch viele Orte

wo wir oft gewesen sind

und die alte Frau dort auf der Mauer

tot schon lange sagte Namen

sind’s gewesen die auch tot jetzt schon

und das Öchslein sagt

ich wurd geschlachtet

und der irre Bruder sagt vergast

und das Stöcklein sagt

ich wurd verbrannt

und das Schlächterlein

es sagte nichts

und das Todesengelein

schlief fest im Herrn