An den Ecken kläffkern Hunde
und du kläffkerst eifrig mit
in den engen Gäßchen
schallt es lauter
ist kaum Platz
zu heben ganz das Bein
An den Ecken kläffkern Hunde
und du kläffkerst eifrig mit
in den engen Gäßchen
schallt es lauter
ist kaum Platz
zu heben ganz das Bein
Manchmal muß man längerhier schon wohnen
um zu wissen
welche Gräber aufgeputzt
welche gar nicht
sind vorhanden
welche Zeichen wichtig
auch zur Umkehr
und Besinnung
und der Schatten Winands
in dem Turm
wirkt vielleicht ganz schlimm
auf Köpfe
so sie Schoppen
sauren Weins immerzu
hauen in sich rein
und besudeln selbst am End
was sie zu erhalten eingedenk
ohne je zu fragen
daß die Steine sind
getragen auch von
Zweck und Sinn
Disneyland das ist nicht alles
kunterbunte Tore ohne nichts
baumelt nur ein leerer Strumpf darin
Weltkultur das ist nicht nur
Fasnachtsspiele und Fassaden schieben
fängt sich auch ein Panorama ein
manchmal muß man stören die Idylle
sonst schläft alles ein
beim sauren Schoppenhauerwein
ach der arme Schopenhauer
wird er nun zum Gassenhauer
und die Größe seines Denkens
Abziehbild und falsches Etikett
und der Rheinische Verein
mag sich fragen
wo er früher war
überall dabei
und der Gast auf seiner Rast
will er abschneiden den Ast
woraus alles zweigt
oder will er sehen
Leben Menschen und Geschehen
was nicht nur Kulisse ist
manchmal ist auch not ein Zeichen
daß die bösen Geister weichen
und das Erbe mit dem Tal
ist es auch ein Neuanfang
ist es nicht die Stunde Null
die da ausradiert die Tiefe
unverankert Planspielwiese
nicht nur Talfahrt
im Welterbetal
manchmal geht es
unverhunzt und unbesudelt
auch bergauf
obwohl
Sudler wird hier bald ein Ehrenname
und Verhunzung Anerkennung
provinziell niveaulos
ja so will ich sein
herrlich medioker und maskiert
aber nicht entmündigt
und bevormundet
eher stumpf und hirnlos
unverschämte Eindringlinge
wo ist unverfälscht das Orginal
der Einsichtige verschmäht
braucht er Jahre
nein Sekunden
daß die Urtheilskraft
beim Nachbarn
freut mich wenn
der Nachbar dies mir sagt
Denkmal heißt nicht
daß man nicht mehr denken darf
Erbe heißt nicht
daß man selber tot
und Kultur wirft weg den Hut
der global nur aufgesetzt
wer sich denn besudelt fühlt von Heine
der hat selten kurze Beine
wie schnell fällt dann auf seinen Schlips
was er selber streut an Gips
und der Gast der sich besudelt fühlt von Heine
soll er bleiben wo der Pfeffer wächst
ach wie schnell verfärbt sich
was noch eben grün
Zoten als auch Schoten
denn Heine das ist Rhein
genauso wie der Wein
vorbei die Zeiten
die ins Unglück schreiten
und tu ich mich hier fetzen
und zeig ich Schatten, Widersprüche auf
weil manches unerträglich ist
so fühl ich mich doch nah
und ungetrennt von denen
die wie ich
auch wenn der Heine
über Herwegh und den Mohrenkönig lacht
weil zu pathetisch ihm
der ganze deutsche Skatverein
setz ich die Toleranz
aufs Banner
gelbe Sterne
rosa Winkel
Sinti Roma
und die Asche Hadamars dazu
Alle dachten er sei stumm
alle dachten er sei taub
nur weil er ein Wort nie sprach doch er war nur ganz verstört
frag nicht, was er einst und je gehört
niemand traute er sich an
nur mit Blicken sprach er dann und wann
also hörte er im Kahn
alles was der Rabbi sprach
so auch er vernahm
als die schöne Sarah schlief
und der Rabbi Gott anrief
flehend bat er ihn um Gnade
daß er seine Frau so tief belogen
um zu trösten sie
all die Toten ihr verschwieg
ihn nur wollten seine Häscher
doch er wußte- Gott hab Gnade –
alle morden sie dahin
plündern, schatzen, massakrieren
daß da nur kein Zeuge sei
und am nächsten Morgen
ist die Nacht vorbei
ruhig friedlich alles einerlei
manche nur sind dann verscharrt
andre etwas reicher worden
und vom Haß ist nichts genommen
der bleibt weiter unbenommen
und der Rabbi bat auch Gott
wegzunehmen ihm den Fluch
den da Sarahs Vater einst gesprochen
sieben Jahre nun zu wandern
ganz in Armut betteln gehen
und er wußte, jetzt ist kommen
unabwendbar diese Zeit
und er sehnte sich nach Spanien
wie er immer sehnte sich
und er rang mit Gott
nie zu wissen, ob er Feuer oder Eis
beides pochte ganz in ihm
glühend Liebe Sonne Sand
und die Strenge kalt des Gesetzes Disziplin
seinem Volk zu leben
war sein ganzes Streben
Kinder ist die Antwort auf den Tod
und er bat nun Gott um diesen Segen
wie auch immer ungeschützt die Wege
Gott der Wüste sei zugegen
Wasser spende dem der dürstet
Manna schenke in der Not
nie ermüde unser Ziel
auf Jerusalem zu gehen
statt uns einzunisten in der Enge
wo nur Dunkel herrscht und Tod
daß lebendig uns dein Wort
das wir lieben das wir leben das wir lehren
doch wie es vermehren
in der Enge Dogma ganz getreu
oder pochend weit der Himmel
schafft dein Wort uns neu die Welt
Gnade Gott daß wir so denken
und nicht an die Toten denken
ihnen gib das ew’ge Leben
und von uns nimm unsre Schuld
Um den alten Turm herum
schweigt die Mauer
niemand wacht
Reben sind geschnitten
umgestülpt
am Ufer Nachen
Netze aufgelöst
Ruder hochgezogen
werfen Schatten in den Sand
zwischen all den Scherben
trocknet Treibholz still
rostet Blech und Nagel
Brunnen ohne Wasser
Dächer schiefergrau
Menschen an dem Ufer
sehen die Weiden nicht
sehen nur die Schiffe
wegziehen immerzu
keiner ankert hier
zieht nur alles
schnell vorrüber
fensterlos die Kapelle
rot wacht sie über grauem Stein
über grobgehaunem Fachwerk
nur der stille Wilhelm
Weißdornzweige in der Hand
ankert hier noch immer
unvergeßlich ihm die schöne Sarah
weiß und totenbleich im Kahn
und ihr schwarzes Haar
unvergeßlich jede Nacht
* * *
Sterne blitzen drin
Engel sind sich alle ähnlich
doch wer taubstumm hört das nicht
Wann kommt eine Zeit
wo es wieder Leser gibt
die die Texte nicht erhöhen
oder schmähen
sondern lesen und erkennen
ohne Suppe nur zu löffeln
Eintopf oder fett gebraten
Soße ganz aus Brei didaktisch
die da schmecken
Salz und Wort
Lippe sind noch selber Zunge
in der Taubheit unsrer Zeit
* * * * *
Kein Vorhang mehr wo alle Fragen
sind ersoffen nur
in der Laune eines Medienpopanz
* * * * *
Heine gassenhaft
hast du reingesaut
in die Etüden
hast die Seele
zirpeln lassen
und den Nachttopf
ganz geleert
* * * * *
Selten bläst du die Fanfare
wird der Rhein dir auch Staffage
Burgen, Berge, fahrend Ritter
Mythen, Sagen, Trutzgewitter
der Romantik abgeschaut
kleidest neu du jede Braut
auf den Felsen in die Höh
hüpfen Nixen und die Flöh
untergehen tuen Schiffer
damals gab’s noch keine Kiffer
liebestoll nur arme Fischer
doch durch die Fassaden durch
stichst du dann den Spott der Nadel
die die Finsternis durchstochen
alles ist nur falscher Adel
Fliegen sind nur
auf den Leim gekrochen
glaubten dir den Krautsalat
doch dein Herz auch ganz im Scherz
schweigend ist dir still der Schmerz
aus den Flammen Dritten Reiches
bist du nun zurückgekehrt
aus dem unbekannten Volkslied
bist du wieder Name Titel
und ich möchte mich
auch nähern dir
um mich zu entfernen wieder
Kopist von dem Kopisten
ist unsrer aller kulturellen Spur
wir sind doch Epigonen
uns fehlen nur die Throne
Die Toleranz
Sie suchten hier am Rhein
schon immer was
das Gold, das Haar, die Krone
die Römer suchten auf das Bad
die Kelten den Druidenpfad
die Juden ihre Mikveh
die Götter wechselten gar häufig
mal Mithridates, Isis, Bacchus und Astarte
auch die Germanen
brauchten einen Heiland
der kräftig war und stark
und siegreich in der Liebe
noch gab es Ehen mehr
als nur zu zweit
sie suchten einen Gott
der gab der Kirche
und dem Kaiser
viel Macht und Rom
erhob in neuem Glanz
sich auf des Glaubens Hügeln
der große Staufer war dazwischen
ein Hammer, der dann schnell gefällt
dann suchten sie
den Buchstab in der Bibel
Luther schaute den Leuten auf das Maul
die Landesfürsten auf die Kassen
die armen Bauern waren dazwischen
als das vorbei war
dachten sie die Wahrheit
Aufklärung und Moral
die Freiheitsbäume und Kokarden
Zipfelmützen Sansculottenhosen
von einer goldnen Biene bald zerfressen
kamen an den Rhein geschritten
der arme Hölderlin war auch dabei
als das vorbei war
dachten sie Befehl
Gehorsam, Führer und Partei
egal in welcher Farbe
das macht sich alles gut
ist nur der Blockwart auf der Hut
es blutete der Kontinent ganz fürchterlich
als das vorbei war
dachten sie Erfolg
ein jeder gegen jeden
egal mit wem und was und wie
selbst in die Seele
schauten sie wie nie
und therapierten was sich nicht
der neuen Leistung unterzog
so wuchs bei uns die Toleranz
Produkt aus vielen Kriegen
wir bomben nicht mehr zügellos
wir legen Minen nun aus Liebe
Zum Außenseiter auserkoren
Mitten in Europa
mitten in Deutschland
in der Mitte
vom Mittelrhein
mitten in der Stadt
bin ich geboren
mitten im Jahrhundert
mitten im Jahr
mitten im Monat
in der Mitte des Tags
1950
15. Juli 12 Uhr
in Bacharach
gegenüber dem Posthof
Ach du hattest
schöne Locken
fielen dorthin
fielen hierhin
blieben nie
an einem Ort
fielen tief dir ins Gesicht
über deine Stirne ganz
ach du hattest
schöne Locken
und verlockend warst du da
fielst du dorthin
fielst du hierhin
nie bliebst du
an einem Ort
* * * * *
Täubchen meinte er
zur Therapeutin
und er meinte doch nur
taub sei sie
* * * * *
Welle, Welle fließe
immerzu willst frei du sein
doch was ist
wenn du kein Ufer findest
Welle, Welle fließe
immerzu willst frei du sein
doch wann kommt dir in den Sinn
daß du selber nur ein Schwanken
Zufall etwas Strom und Wind
Welle, Welle fließe
immerzu willst frei du sein
doch was ist
wenn du ein Ufer findest
* * * * *
Skeptisch war er gegen Bischöfe, auch gegen die des Atheismus.
* * * * *
Warum blieb er hier
wenn sich ihm hier nichts mehr bot
doch es zieht ihn in die Tiefe
zieht ihn ganz zurück
an den Anfang seines Lebens
hier waren seine ersten Schritte
hier wird lernen er
durch alle Fesseln gehen
Und die schwarzen Katzen
dösen auf den Treppenstufen
sonntags hell im Mittagslicht
und die Sonne wärmt ihr glänzend Fell
sind zu faul sich jetzt zu putzen
und die Krallen scharf wie nie
zucken noch vom Mäusemorden in der Nacht
und der junge Vogel ward gefressen
eben hat er noch den Tag besungen
gleich am frühen Morgen schon
Und es war im Traum heut morgen
und da hüpft ich federleicht
war ein Vogel ohne Schwingen
und umfaßte dich doch ganz
sah in deine Augen tief hinein
blaue Meere öffnete die Seele
selten war ich dir so nah
und dein Fuß er stand auf meinen
und von Stein zu Stein war’s ein Gelingen
setzte auf und war schon fort
wieder auf dem nächsten ganz
genau berechnet Sprung und Absprung
nichts an Kraft ging da verloren
harrte aus nur so wie nötig
weiter ging’s ein Flug ohn Brechung
reiste so durch viele Orte
wo wir oft gewesen sind
und die alte Frau dort auf der Mauer
tot schon lange sagte Namen
sind’s gewesen die auch tot jetzt schon
und das Öchslein sagt
ich wurd geschlachtet
und der irre Bruder sagt vergast
und das Stöcklein sagt
ich wurd verbrannt
und das Schlächterlein
es sagte nichts
und das Todesengelein
schlief fest im Herrn