Archive for Juli, 2007

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 146

Montag, Juli 16th, 2007

 Die Liebe von Feder und Fels

 

rheinabwärts Heilisenwerth

noch vor der Rund Kripp

auf dem quasimodo-buckelhaftigen „Osterei“ – Felsen

 

Auf den Klippen
 

bleicht
 

eine Krähenfeder
 

 

*
 

 

der Wind
 

wirbelt sie
 

manchmal
 

an den Wellenrand
 

 

*
 

 

der Schaum der Wellen
 

treibt sie
 

wieder nach oben
 

 

*
 

 

die Sonne
 

dörrt sie aus
 

 

*
 

 

die Wolken
 

ziehen über sie
 

hinweg
 

 

*
 

 

manchmal
 

näßt
 

Regen sie
 

 

 

 

zersaust
 

atmet sie auf
 

 

*
 

 

das Salz
 

der Luft
 

trocknet sie wieder
 

 

*
 

 

sie ist die Gespielin
 

des Fels
 

 

seine einzige Liebe
 

 

*
 

 

sie belebt ihn
 

sein ganz in Stein
 

verharrendes Sein
 

 

*
 

 

auf seinem Felsenbuckel
 

auf seinem Klippenherz
 

liegt sie
 

eine Paradiesnadel
 

schwarz beflügelt
 

 

*
 

 

Spur eines Flugs
 

in die unsichtbare
 

Stille hinein
 

 

*
 

 

leicht liegt sie
 

auf ihm
 

schwebend fast
 

 

*
 

 

und sticht doch
 

in die Tiefe
 

tiefer als Strom
 

 

 

alle Konturen
 

der Welt
 

 

*
 

 

so verharren sie
 

Feder und Fels
 

 

 

und teilen die Sonne
 

Himmel, Erde und Strom
 

 

*
 

 

manchmal
 

ruht der Mond
 

zu ihren Füßen
 

 

 

und sie baden
 

in seinem Licht
 

Feder und Fels
 

 

*
 

 

sie teilt ihm
 

alles was sie erflog
 

 

 

er alles
 

was er erschwieg
 

 

*
 

 

sie sind nicht allein
 

sie leben in allem hier
 

 

 

in den grünen schmalen
zartgezackten Weidenblättern
 

 

im Rascheln des Laubs
in der Spitze des Dorns
im Gleiten der Schlange
 

 

*
 

 

sie schwimmen mit den Fischen
fliegen mit den Raben
atmen im Feuer der Nesseln
 

 

*
 

 

ein Stern fällt zu ihnen hinab
gelöst Sekunden aus Nichts
aus einer anderen Zeit
 

 

 

im Abseits dahingeweht
eine Krähenfeder
ein Fels noch nicht gesprengt
 

 

 

die Ruderschläge der Nacht
durchziehen Berge und Strom
 

 

kämmen die Wellen
 

 

*
 

 

eine Krähe
die sticht in den Fels
den Flug
herzhin
 

 

 

eine Liebe
die trägt auf den Flügeln
die Schwere des Fels
leicht wie ein Weidenblatt
 

 

*
 

 

inmitten des Stroms
Klippe, Feder und Fels
 

 

 

sie fächern das Schweigen
inmitten der Strömung
 

 

 

in ihnen pocht der Strom
sich Atem
zu der Nacht, den Sternen
 

 

 

in ihnen verharrt
was aus der Welt
so schnell fällt
 

 

 

auf einem Fels
ruht eine Feder
schwankend im Wind
 

 

 

niemand sieht
wie sie schreibt
unsichtbar nachts
 

 

 

in die Haut des Fels
mit fremder Hand
ein griechisches Wort :
 

 

 

“  A N A N K E  “
 

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 145

Montag, Juli 16th, 2007

                                                                F. P. * 15.7.

                                                                J. P.  + 16.7.

 

Ich bin durch die Gänge gegangen 

wo du jetzt wohnst 

durch die Katakomben der Tiefe 

wo der Fluß unterirdisch strömt 

unter den Füßen der Berge hindurch 

in den Grabkammern der Stille 

wo der Himmel sich wölbt 

aus lehmiger Erde und Schiefer 

wo das Laub längst verweht 

der Sand aus den Uhren längst 

aus allen Gehäusen heraus geschwemmt 

wo du die Zifferblätter in der Hand hast 

deren Zeiger Eidechsenschatten nur sind 

ich bin durch die Gänge gegangen 

wo du jetzt wohnst wo die 

Reliquien der Heiligen kleben wie totes 

Gebälk an baufälligen Scheunen 

wo das Stroh der Träume abbrennt 

augenlos die Finsternis atmet tief und fest 

ich bin durch die Gänge gegangen 

wo du jetzt wohnst wo die 

Scherben liegen all der toten Stunden 

wo die Kästchen aufbewahrt werden 

all die Antworten die nie 

eine Frage gefunden 

ich bin durch die Gänge gegangen 

wo du jetzt wohnst wo 

Schweißperlen am kalten Felsen 

tropft der Sinn unaufhörlich zeitlos dahin 

nichts friert mehr wo alles erstarrt 

tiefer und tiefer die Kähne 

gleiten durch die Gänge der Zeit 

wer wird je ankommen 

in dieser unterirdischen Stadt 

die sich zieht endlos 

in die Ufer frühster Zeit 

deren Sterne noch nicht erloschen 

deren Licht irrt durch all 

die Schädel unzersplitterter Knochen 

Farn und Weiden barfuß sacht 

setz ich den Fuß auf 

ich weiß die Kentauren rudern den Tod 

diese Riesen und Halbgötter der Flüsse 

mit kräftigem Arm ziehen sie 

den Willen durch all den Sog 

unbeirrt unbetört 

leise gleiten die Ruderblätter aus Eschenholz 

durch die schwarzen Wellen der Strömung 

wir sind nur Momente fliegende Schuppen 

auf Ruderblättern die nie wir gesehen 

einer Krähe gleich fliegen wir durch 

Felsen und Täler flattern dahin 

doch in unserem Auge der große Bär 

jener siebensternige Wagen am Himmel 

zog mit, zog über diese Stadt 

hier immer, wir sind angekommen 

in der Tiefe der Zeit, ankern in 

der Frühe am Hafen, von hier 

gehen alle Fahrten aus, hier kommen 

alle Fahrten zurück, ich bin 

durch die Gänge gegangen wo 

du jetzt wohnst Lotse 

wo du jetzt schälst aus den 

stacheligen grünen Schoten 

die Kastanien des Südens 

ich bin durch die Gänge gegangen 

wo du jetzt wohnst Wahrschauer 

dessen Behausung für immer zerstört 

wo du jetzt siehst ins Uferlose hinab 

all die Gänge voll Granaten, Rauch und Kriege 

all die Gänge voll Weißdorn und blühender Bäume 

ich versuch noch immer zu sprechen mit dir 

wo du jetzt wohnst in den Gängen 

immer tiefer zu den Vorvätern hinab 

atmen die Tiefe die flach über allem liegt 

atmen die Stadt die niemand gesehen 

durch Tore hindurch die offen 

eh sie erbaut 

tiefer zu liegen in der Erde 

schwerer zu werden als Stein 

leichter als Kork 

trockener knöchern als Sand 

verwurzelter als Gras 

das scharf dahingemäht 

wo immer auch strandet 

das Treibholz wir zogen 

es aus dem Fluß hell 

am Morgen noch war es 

zu naß für die Flammen 

den Ring zog man dir aus 

doch unter der Fingerkuppe 

mehr nimmt man nicht mit 

ein blindes und ein sehendes Aug 

betrüg Charon nicht 

er ist ein Bettler wie du 

wir alle sind Bettler 

ich bin durch die Gänge gegangen 

wo du jetzt wohnst 

die Katakomben früher Stille 

die Kasematten der Kargheit 

wir haben das Wissen 

zu Lebzeiten schon 

weggerotzt wie allzu 

lausigen Schimmel und Schleim 

wir haben die Anker gelichtet 

für jene Tore die jeder 

nur alleine befährt 

ein Moment nur verschoben 

der Tag der Geburt und des Tods 

die Uhren sie lügen alle 

wir reparieren nur die Starre 

auf Grashalmen zu pfeifen 

das ist zu singen die Lust 

ist es der Tod 

die Unruhe die in uns schwingt 

aus allem hinweg 

zu allem hin 

nie ist der Tod 

uns Antwort 

ein vereister Hafen nur 

die Schollen brechen auf 

Wrack hin Wrack her 

unser Schiff das war 

jener Wagen am Himmel 

wir wurden gesteuert 

und steuerten los 

und steuerten uns 

wir schreckten nicht 

vor den Felsen und Riffen 

den Armen der Kentauren 

aus deren Ruderblätter Gräser wuchsen 

die Angst kroch hinweg vor 

den glatten Wänden schwarzer Finsternis 

erfroren die Finger auch 

wir pflücken die buntesten Disteln 

ich bin durch die Gänge gegangen 

wo du jetzt wohnst mein Schritt 

hallt noch in deinem Ohr 

das längst schon ist 

taub Klammer der Stille 

unter der vergrabenen Stadt 

die die Tore öffnet 

einem Fluß der 

weidenumwachsen 

seelendurchströmt 

zufließt dem Hades 

in unendlicher Stille 

 

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Montag, Juli 16th, 2007

Text folgt ab 17.8.

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Montag, Juli 16th, 2007

Text folgt ab 17.8.

 

Samstag, Juli 7th, 2007

Heute vor 800 Jahren kam ein Baby schreiend wie alle anderen zur Welt.

Elisabeth von Thüringen.