F. P. * 15.7.
J. P. + 16.7.
Ich bin durch die Gänge gegangen
wo du jetzt wohnst
durch die Katakomben der Tiefe
wo der Fluß unterirdisch strömt
unter den Füßen der Berge hindurch
in den Grabkammern der Stille
wo der Himmel sich wölbt
aus lehmiger Erde und Schiefer
wo das Laub längst verweht
der Sand aus den Uhren längst
aus allen Gehäusen heraus geschwemmt
wo du die Zifferblätter in der Hand hast
deren Zeiger Eidechsenschatten nur sind
ich bin durch die Gänge gegangen
wo du jetzt wohnst wo die
Reliquien der Heiligen kleben wie totes
Gebälk an baufälligen Scheunen
wo das Stroh der Träume abbrennt
augenlos die Finsternis atmet tief und fest
ich bin durch die Gänge gegangen
wo du jetzt wohnst wo die
Scherben liegen all der toten Stunden
wo die Kästchen aufbewahrt werden
all die Antworten die nie
eine Frage gefunden
ich bin durch die Gänge gegangen
wo du jetzt wohnst wo
Schweißperlen am kalten Felsen
tropft der Sinn unaufhörlich zeitlos dahin
nichts friert mehr wo alles erstarrt
tiefer und tiefer die Kähne
gleiten durch die Gänge der Zeit
wer wird je ankommen
in dieser unterirdischen Stadt
die sich zieht endlos
in die Ufer frühster Zeit
deren Sterne noch nicht erloschen
deren Licht irrt durch all
die Schädel unzersplitterter Knochen
Farn und Weiden barfuß sacht
setz ich den Fuß auf
ich weiß die Kentauren rudern den Tod
diese Riesen und Halbgötter der Flüsse
mit kräftigem Arm ziehen sie
den Willen durch all den Sog
unbeirrt unbetört
leise gleiten die Ruderblätter aus Eschenholz
durch die schwarzen Wellen der Strömung
wir sind nur Momente fliegende Schuppen
auf Ruderblättern die nie wir gesehen
einer Krähe gleich fliegen wir durch
Felsen und Täler flattern dahin
doch in unserem Auge der große Bär
jener siebensternige Wagen am Himmel
zog mit, zog über diese Stadt
hier immer, wir sind angekommen
in der Tiefe der Zeit, ankern in
der Frühe am Hafen, von hier
gehen alle Fahrten aus, hier kommen
alle Fahrten zurück, ich bin
durch die Gänge gegangen wo
du jetzt wohnst Lotse
wo du jetzt schälst aus den
stacheligen grünen Schoten
die Kastanien des Südens
ich bin durch die Gänge gegangen
wo du jetzt wohnst Wahrschauer
dessen Behausung für immer zerstört
wo du jetzt siehst ins Uferlose hinab
all die Gänge voll Granaten, Rauch und Kriege
all die Gänge voll Weißdorn und blühender Bäume
ich versuch noch immer zu sprechen mit dir
wo du jetzt wohnst in den Gängen
immer tiefer zu den Vorvätern hinab
atmen die Tiefe die flach über allem liegt
atmen die Stadt die niemand gesehen
durch Tore hindurch die offen
eh sie erbaut
tiefer zu liegen in der Erde
schwerer zu werden als Stein
leichter als Kork
trockener knöchern als Sand
verwurzelter als Gras
das scharf dahingemäht
wo immer auch strandet
das Treibholz wir zogen
es aus dem Fluß hell
am Morgen noch war es
zu naß für die Flammen
den Ring zog man dir aus
doch unter der Fingerkuppe
mehr nimmt man nicht mit
ein blindes und ein sehendes Aug
betrüg Charon nicht
er ist ein Bettler wie du
wir alle sind Bettler
ich bin durch die Gänge gegangen
wo du jetzt wohnst
die Katakomben früher Stille
die Kasematten der Kargheit
wir haben das Wissen
zu Lebzeiten schon
weggerotzt wie allzu
lausigen Schimmel und Schleim
wir haben die Anker gelichtet
für jene Tore die jeder
nur alleine befährt
ein Moment nur verschoben
der Tag der Geburt und des Tods
die Uhren sie lügen alle
wir reparieren nur die Starre
auf Grashalmen zu pfeifen
das ist zu singen die Lust
ist es der Tod
die Unruhe die in uns schwingt
aus allem hinweg
zu allem hin
nie ist der Tod
uns Antwort
ein vereister Hafen nur
die Schollen brechen auf
Wrack hin Wrack her
unser Schiff das war
jener Wagen am Himmel
wir wurden gesteuert
und steuerten los
und steuerten uns
wir schreckten nicht
vor den Felsen und Riffen
den Armen der Kentauren
aus deren Ruderblätter Gräser wuchsen
die Angst kroch hinweg vor
den glatten Wänden schwarzer Finsternis
erfroren die Finger auch
wir pflücken die buntesten Disteln
ich bin durch die Gänge gegangen
wo du jetzt wohnst mein Schritt
hallt noch in deinem Ohr
das längst schon ist
taub Klammer der Stille
unter der vergrabenen Stadt
die die Tore öffnet
einem Fluß der
weidenumwachsen
seelendurchströmt
zufließt dem Hades
in unendlicher Stille