Archive for Oktober, 2007

E 9

Mittwoch, Oktober 31st, 2007

Die Ketzerbach nun
ein künstlicher Fluß
mit silbernen Kugeln
darauf

und unsichtbar fließt
unten die alte Kloake

E 8

Mittwoch, Oktober 31st, 2007

Die kalten Herzen
funkeln
auf den Bergen
nun fernab

das Mir-geht-es-besser-Mitleid
habe ich nie gekannt

mir ging es nicht besser
wenn der andere litt

das ist Jesus

E 7

Mittwoch, Oktober 31st, 2007

Die Penner und Obdachlosen lagern und
saufen nicht mehr vor meiner Tür
mit ihren Hunden und
dem billigen Schnaps vom
damaligen Supermarkt nebenan
in dem Kiosk damals
ungeordneter Wust von Büchern
ist Ordnung eingetreten
man hat rechtzeitig
vor meinem Jubiläum
alles begradigt
den Weißdorn gefällt
zu meiner Ehre

die Pilger können nun kommen

E 6

Dienstag, Oktober 30th, 2007

Ich habe die Rosen
zerpflückt
die Birkenbriefe hat
niemand gelesen
die Sonne Assisis
wuchs mir
unter die Haut
wo ist Gott
zu finden
in welcher Wunde
ist er zu Haus
wer wäscht
die Schatten aus
für wen
ist die Kirche
aus Dornen
die Krone
unvergoldet
strahlt sie
Zacken der Schöpfung
Splitter des Leids
im Flügelkleid der Engel
das Weiß
es sticht in die Augen
blendet
mir sind die Worte
abhanden gekommen
meine Hände
flechten in den Tag
die Nähe der Tat
stumm höre ich
in der Pilgermuschel
das Rauschen
eines fernen Meeres
Jerusalem ist
aber wo in uns
tot brachten sie
den Gemahl mir zurück
all die Schwerter
die im Namen des Kreuzes
Rosen und Leiber durchstechen
blind irrt die Liebe
die Suche nach Nähe
wie eine Glasscherbe tanzt
die Seele in mir
unantastbar eine Fremde
lächelnd gegenüber Spott und Spucke
den Weg gehen unbeirrt
im grauen Leinengewand
voller Flicken und Flecken
ausbessern alles
heiligen den Staub

In der Umstellung der Zeit heut Nacht

Sonntag, Oktober 28th, 2007

Friedensfeier

oder Einmünden in den Dialog

http://www.friedrich-g-paff.de/freitagstext.htm

 

26.10.2007

E 5

Freitag, Oktober 5th, 2007

                               W.K  . + 5.10.2007

 

 

Den Tod durchschritten

fällt nun das Lot

was mißt es aus

Tiefe oder Höhe

ist Antwort, Echo ?

 

in Moskau

beim Patriarchen

nah die ungeteilten Stunden

 

im Gefängnis Bibel als Lektüre

 

dann Schule, Literatur

Wahrnehmung , Handwerk

Hingabe für einfache Menschen

Alltag, Sorge, Freude

 

im Marburger Kerner

hallte das Echo

von den Wänden nachts

 

im dunklen Gewölbe

wo die Gebeine gestapelt  geruht

Finsternis und Banalität

des letzten Krieges

unfaßbares Grauen

 

wer hört all die Stimmen

dieses gleichzeitige Summen

des von Menschen gesprochenen Geisterchors

im Verstummen

 

wenn er die Engel begrüßt

sein Lächeln

bescheiden wie immer

wird es sein

 

 

 

 

 

 

E 4

Freitag, Oktober 5th, 2007

Parole de: 03. octobre 2007

 C’est une vision dont l’échéance est fixée.
Elle aspire à son terme, elle ne décevra pas.
Si elle tarde, attends-la.
Habakuk 2,3

Les disciples lui dirent :
Dis-nous quand cela arrivera,
et quel sera le signe de ton avènement et la fin du monde ?
Jésus leur répondit : Prenez garde que personne ne vous égare.
Matthieu 24,3-4

E 3

Dienstag, Oktober 2nd, 2007

Kommt heute die Bundeskanzlerin nach Marburg zu Besuch ? Man weiß es nie. Plakate in der Ketzerbach und anderswo fordern auf , klagen Sie ihr Leid. Frau Dr. Merkel antwortet und bittet um Entschuldigung. Um Uhr im neuen Software-Center, wo früher die Kaserne war.   

Ist das nun studentische Satire oder Wirklichkeit ? In Marburg weiß man nie was ist.Ich frage meine Tabakverkäuferin. Ob sie schon weniger Umsatz hat, weil seit gestern ja das Rauchverbot in Kneipen herrscht ?  Bestimmt werden jetzt extreme Nichtraucher durch Kneipen ziehen, die sie vorher nie gesehen, und schnüffeln, ob noch etwas an Rauch  in der Luft liegt . Nein, ich frage sie nicht nach dem Umsatz, ich frage sie nach Angela Merkel. Meine Tabakverkäuferin  liest die Zeitung hier. Angela Merkel kommt wirklich heute.  Mit dem Helikopter begleitet vom Ministerpräsidenten und Staatsschutzmitarbeitern in die Behringwerke, eine neue Produktionsanlage zu eröffnen von Impfstoff und Zellkulturen.  

Wirklichkeit und Satire vermischen sich im universitären Marburg immer. Nie weiß man, was denn nun das eine oder das andere ist. Meist übertrifft die Wirklichkeit in ihrer Banalität jede noch so mühsam erdachte Satire. Ist man nun an der Lahn, die man kaum bemerkt,  oder an einer ihrer Nebenarme oder an einem von ihr abgezweigten Mühlbach, wo Elisabeth ihr Hospital gründete.  Fließt die Ketzerbach nun unterirdisch in Rohren oder bewässert sie still fließend überirdisch den neuen silberkugeligen Boulevard ?   

Mit Marburg an der Lahn fängt es schon an. Ein Journalist, dem sie leider gekündigt, zeigte mir die Stelle vor Cölbe , wo der Ohm in die Lahn fließen soll, ein wunderbarer naturbelassener Platz, nur, jeder kann sich davon überzeugen, der Ohm fließt nicht in die Lahn, die Lahn fließt in den Ohm. Letzterer ist wassertragend viel mehr. Marburg am Ohm. Begriffe, Bedeutungen decken sich hier nie mit der Wirklichkeit. Darum ist Marburg ja auch Universitätsstadt.   

… 

… 

… 

Merkel was nimmt sie von Marburg mit ? 

Marburg das ist ein leuchtendes Herz, ein schwarzer Walfisch und im Abendrot das Erlöschen aller Utopien. 

Im Louisabad schwimmt noch eine Forelle, die züngelt nach Luft. 

Das neue Bordell von Ubelohde gemalt mit Aschenputtel davor. 

Im Café Barfuß suchen sie noch immer den gläsernen Schuh und in der Cavete jazzt die Nacht durch die Kasematten. Alone in my sorror. Down in the depths on the 19th floor. They have a perfectly sexual life. Old black magic. 

 

Eben noch geht Kaiser Friedrich durch die Stadt. Er soll Elisabeth geliebt haben. Die sarazenischen Leibwächter begleiten ihn. Es ist Ramadan gerade, sie legen ihre kleinen Gebetsteppiche auf den Steinweg, schauen hoch zu den hohen Minarettürmen der Elisabethkirche und warten, daß der Ruf des Muezin ertönt Allah akbar.  Aschhadu   an la ilaha illAllah , aber vom Rathaus nur kräht rostig ein Hahn in die sonst stille andächtig versunkene Stadt. 

Ohne Tornados noch fanden die Kreuzzüge statt. 

Angela Merklein spottete Fischer. 

E 2

Dienstag, Oktober 2nd, 2007

Was immer sie in der Hand haben mag, auf jeden Fall keinen Spiegel .  Dann würde keiner sie kaufen. Man stelle sich vor, man kaufe extra eine Heilige und sehe dann sich selber nur. So wie man ist. Nein, dafür sind Heilige nicht . Nein, dafür gibt man kein Geld aus.  Die  große extra blattgoldgefaßte farbige Heilige, nein nicht schwarz, bunt ganz, tiefes Rot, sattes Blau, goldene Lilien, gibt schon was her, kostet auch … !  Obwohl im Jubiläumsjahr kostengünstig extra angepriesen.  1600 Euro ! Wenn dann Besuch kommt, das ist schon repräsentativ, fällt ins Auge stolz,  bewundernswert und signalisiert doch, daß man sozial ganz nur auf Mildtätigkeit hin gestimmt.  Sie paßt schon in diese Stadt diese Stadtheilige. Sie würde bestimmt heute im Südviertel wohnen. Sagte doch öffentlich – anzugsmäßig gut dezent gekleidet, aber gesinnungsmäßig umwälzend fortschrittlich – sagte doch einer der Germanistenprofessoren  tatsächlich, er würde im Sommer jedes Jahr in Irland Urlaub machen, um dem proletarischen Element intensiver begegnen zu können. Wohlstand und Wohltätigkeit beides zu vereinigen, das farbige luxuriöse teure Exemplar vermag das am besten.  Wenn in aller Zierde die goldene Krone in den Augen strahlend glänzt und der kupferne, bleierne Pfennig hinab sich begibt, kullert oder gnädig fällt , schwupp, hops in die noch ungewaschenen striemigen offen gehaltenen bittend flehenden Hände eines ohne oder mit Hartz IV versehenen Bettlers, Krüppels, Loosers, Schnorrers, Flegels, Versagers. 

Dann erwacht das Mittelalter wieder. Die Marburger Tafel. Aber wer hungert, fragt nicht, wes Brot es ist. Das konnte sich nur Elisabeth leisten.

E 1

Montag, Oktober 1st, 2007

Auch ich kaufe mir eine Elisabethstatue nun, bei Elwert der alten Buchhandlung, gibt es sie, handgeschnitzt aus Südtirol nach einem alten Abguß der noch älteren Figur von Juppe, die damals auch schon geschnitzt. Aber wo soll ich sie hinstellen die Elisabeth ?  Nachher fällt sie mir noch um. In meiner Unordnung. Der Hund spielt dann mit ihr. Oder der Kater kratzt an ihr. Sie ist ja so hübsch !  Mit einer Krone auf  ihrem Haupt. Mit hochkarätigem Blattgold gefasst.   Und sie hält das Modell der Kirche in ihrer Hand. Was hält sie in der anderen Hand ? Ich weiß es gar nicht mehr. Vielleicht die Tageszeitung von hier ?  Oder ein Portrait des Ministerpräsidenten ?  Vielleicht sogar den Dalai Lama, wie er lächelt ?  Das Kulturprofil eines Jahres, das schon längst vergangen ist ?  Sie ist bestimmt kulturell sehr gebildet. Vielleicht hält sie in der Hand sogar einen Roman über sich selber, voller Liebe und Adjektive. Ihre CD ?  Ihre Torte ?  Ihre Pralinen ?  Verdammt, jetzt muß ich doch noch mal den Steinweg hinaufschwitzen zu dem Gang am Aufzug, um zu sehen, was sie denn nun in der anderen Hand hält,  ehe ich mir die Figur kaufe. Es gibt sie doppelt. Nein vierfach. Groß und klein wie man sie eben haben will. Buntig farbenfroh und roh einfach  nur Holz hell. Ich erinnere mich nur, die Krone haben sie hochkarätig vergoldet und den Bettler zu ihren Füßen einfach entfernt. Wer kauft schon einen Bettler ?