Archive for Mai, 2007

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 4

Freitag, Mai 25th, 2007

Rotes Glas
sticht in den Himmel
die Schwärze der Buchstaben
 

eine Schrift flammt
 

wer entziffert
das Menetekel
 

oder schüttet es zu
 

überstrahlt es
überglänzt es
 

vorgeschaltet
dem gotischen Maßwerk
 

unberührt mit dem Stein
Installation
 

was installiert sich
 

ein Zeichen gegen Verdrängung
gegen die eigene auch
 

trennt es den Opfern die Schatten  ?
 

nennt es die jüngsten auch  ?
 

auch die Geschichte des Vergessens
gehört zu ihnen
 

all die dunklen Momente
die nicht zu stilisieren sind
 

eine Klagelied erhebt sich zum Himmel
 

an einer Stelle
wo es brechen will Bann und Fluch
 

ein unvollendetes Klagelied
 

denn wie könnte man je eins vollenden
wer will fassen den Schmerz

nichts glast die Fenster hier zu

ein Fragment reißt auf den Himmel

Raben durchfliegen es

Glas zerklirrt

der Schatten Heines zeigt sich an der Wand
 der Rabbi ist zurückgekehrt

still leise

als bleich der Mond verlassen  hier
sich von dem Trubel ganz erholte

die schöne Sarah hielt
die Totenblumen in der Hand

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 3

Donnerstag, Mai 24th, 2007

Das erste Mal, das ich von dem Projekt hörte, war während einer Bacchusinstallation im Bacchus Keller. Der Vorsitzende des Bauvereins Wernerkapelle Herr Peter Keber erläuterte mir das Projekt. Was die Wernerkapelle für mich bedeutet, vermag nur einzuschätzen, wer Andrei Tarkovskys Film Nostalghia gesehen hat und die Bedeutung der Kirchenruine darin. Ein Film, der wie kein anderer Andersenkenden und Toleranz  Raum gibt und Gehör. Der Ruinencharakter der Wernerkapelle ist für mich nicht antastbar. Jede dauerhafte Umgestaltung wäre mir zuwider. Dergleichen Befürchtungen wurden aber durch die Informationen zu dem Projekt sofort ausgeräumt.

Später dann las ich im Internet einen Wiesbadener Zeitungsartikel von Katja Rietze    vom 2.10.2006 ; darüber war ich nicht so sehr erfreut. Liegt der Künstler falsch oder die Berichterstatterin ? Einen Leserbrief oder Richtigstellung dazu gab es nicht.


„Seit 25 Jahren entwirft der Wiesbadener Künstler Kirchenfenster. Sie alle seien etwas besonderes, betont Hartmann, aber das in Bacharach solle eben eine ganz spezielle Botschaft vermitteln, schließlich gelte die Wernerkapelle schon seit dem Mittelalter als Mahnmal für deutsch-jüdisches Miteinander. Der heute widerlegten Legende nach soll der Knabe Werner, dessen Gebeine in der Kapelle liegen, 1278 von Juden durch einen Ritualmord getötet worden sein, woraufhin ein Pogrom initiiert und die gesamte jüdische Bevölkerung am Mittelrhein ausgelöscht wurde. Einziger Überlebender war der Rabbi von Bacharach, dem Heinrich Heine später einen Roman widmen wollte. „

Warum soll man falschen Legenden noch falsche hinzufügen ? Ist das angemessen angesichts des doch wichtigen Anlasses und der Tragik von Judenverfolgungen in Deutschland.
Die Gebeine liegen nicht dort. Die Wernerkapelle war nicht Mahnmal seit dem Mittelalter. Leider nicht. Es sei denn wir leben noch in dem Mittelalter, was ja durchaus mitunter sein kann. Und der Rabbi als einziger Überlebender des Progroms von 1278. Sie müßten deinen Text doch eigentlich kennen und lesen Heine, wenn sie ihn würdigen und zum Kirchenfesnter machen wollen.

 

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 2

Donnerstag, Mai 24th, 2007

Am letzten Wochenende war ich seit langem wieder in Bacharach. Mich freute, daß man registriert hatte, daß ich lange nicht da war. Sah zum ersten Mal in diesem Jahr Mimo wieder, dessen Italienische Eisdiele im Zentrum ja sehr wichtig für Austausch, Begegnung und Kommunikation in dieser kleinen Stadt ist. Wenn Mimo da ist, ist der Winter vorbei und die Stadt wacht auf,  dem touristischen Treiben des Sommers entgegen. Im Vorfeld der Veranstaltung am Pfingstmontag bekam ich mit, daß zunächst nicht die richtigen Glasscheiben angeliefert wurden, und daß jemand mit einem flyer oder Flugblatt sich gegen die Fensteraktion mit dem Rabbitext ausgesprochen hatte. Wohl aus Gründen zur Erhaltung des ungestörten Anblicks und Erlebens des romantischen Ruinencharakters. Ich habe den flyer nicht zu Gesicht bekommen. Eine Meinung, die man tolerieren, aber nicht zu teilen braucht.  Aber was dieser flyer dann an Empörung auslöste, diese Zitate, wenn auch mit Spaß gemischt, möchte ich hier nicht wiederholen. Mir schien aber, als ob die Kunstaktion zur Toleranz schon vor Beginn in Gefahr schwebte,  selbig gepriesene Toleranz allzu schnell verlieren zu können. Wie kann auch jemand wagen, gegen Toleranzaktionen zu sein und wie geht man mit den Andersdenkenden dann um ?  “ Andersdenkende sind anders als wir denken.“  Wer bestimmt was Toleranz ist, zu sein hat ?

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 1

Mittwoch, Mai 23rd, 2007

Meinen Sie es ernst ? Eine Toleranz, die nicht nur Sonntags oder Pfingstmontag zählt ? Sondern werktags auch ? Nicht nur im Beisein von Ministern, Professoren und Flötenkonzert. Eine Toleranz die nicht nur Marketing für Weltkulturerbe ist, sondern menschlicher das Zusammenleben gestalten will, auch im grauen Alltag, auch an Stammtischen und in Fußballstadien. Nicht nur akademisch oder weihevoll. Nicht Flötentöne nur. Sonntagsreden. Auch für Menschen ohne Abitur. Auch in der Enge und Angespanntheit von Arbeitslosigkeit, Überforderung, Ausweglosigkeit, Behinderung oder Hartz IV.  Eine Toleranz nicht nur für die feine Gesellschaft. Wenn Sie es ernst meinen, dann brauche ich ja auch hier nicht zu verstummen, sondern kann sagen, was ich zu sagen habe. In diesem Medium hier, das neu für mich ist und diese Möglichkeit mir hier bietet. Ein blog, ein poetisches Tagebuch,  das einen Text hier entstehen läßt. Nicht sprachlos nur Offiziellem ausgesetzt, offizieller Toleranz, sondern artikulieren zu können, wenn auch ungeschützt , was ich finde, das nicht untergehen darf, an Schatten und Widersprüchen. Dann kann ich virtuell hier mir erlauben, zu dir Heinrich Heine direkt auch zu sprechen, der du ein Kirchenfenster bekommst mit deinem Rabbitext am Pfingstmontag in dieser herrlichen Ruine der Wernerkapelle, die hochgotisch oder tiefes romantisches Erlebnis  auch ein Dokument der Barbarei war, des Hasses, der Hetze, der Anfeindungen, Unterstellungen und der Judenverfolgungen.

Ein Experiment also hier, eine Stellungnahme zu gegebenem Anlaß für Pfingstmontag 2007. In aller Eile, zwischendurch, denn „Deutsch für Ausländer“ habe ich noch zu unterrichten. Keine Zeit, den Text zu feilen. Aber im Ungeordneten hat sich Toleranz ja auch zu bewähren. Nicht nur im Feingeschliffnenen. Kunst bewegt zur Toleranz. Schön, daß sie außerhalb von sich noch was wahrnimmt, wo sie doch immer mehr in unserer Gesellschaft zum Selbstzweck, zur Selbstbestätigung und zur Unterhaltungsindustrie dient.

o.T.

Dienstag, Mai 22nd, 2007

Heute vermag ich nicht zu schreiben. Ein Kompliment an die, die es doch immer wieder schaffen, einen mundtot zu machen. Und doch, ich schreibe dies hier. Und das ist viel. Ich habe viel gelernt. Ich gebe ihnen nicht die Ehre, sie zu benennen hier. 

Karfreitag Bacharach 2007

Montag, Mai 21st, 2007

Und plötzlich

färbt die Kirche

schwarz sich

Ruß fällt

von den Wänden

und aus der Orgel

schwarzer Staub

aus allen Pfeifen

Pedalen und Register

tönt die Finsternis

 

o.T.

Montag, Mai 21st, 2007

Das aus der Nacht
gefallen Nachttier
tiefer noch als
schwarzer Pfeile Gift

im Bogen
der den Körper
ganz zerspannt
zerreißt zur
willenlosen  Hülle

in den Sekunden
wo kein Atem ist
ein schwarzer Schatten
nähert sich
und bleibt doch fern

du gehst hinweg
und weißt nicht
wen du fragen sollst

was übrig ist
wenn durch die Schatten
geht der Tod

ein schwarzer Rabe
tanzt auf rotem Mohn
 
 

 

Himmelfahrt nachträglich

Montag, Mai 21st, 2007

Nichts blieb zurück

zwei Mann weiß

und eine weiße Wolke

und niemand weiß

woher wohin

und alles wartet

daß aus einer Wolke

hagelt Feuerregen

 

American way

Montag, Mai 21st, 2007

Der Feuervogel

tanzte Pirouette

er fühlte

wie ein Adler sich

das Sternenbanner

schwang sich

ganz um ihn

 

und seine Füße

wunderbar und nackt

sie tanzten

auf dem toten Raben

Das Glück

Samstag, Mai 19th, 2007

Es ist ein Feuer

das da zückt

und ganz verbrennt

daß Flammen hochschlägt

tief in Haut, in Nacht

es ist ein Feuer

das da zückt

aus Hölle Paradies zugleich

fegt es hinweg

die Sinne all

betäubt, betört

zerbrennt im Nu

doch in den Flammen stehen

und leuchten hell

den Pfeil des Todes

zu entgiften

zu springen über Welten

in den Anfang ganz hinab

daß Feuer Atem wird

und nicht Erstickung

die nur qualmt und schwält

daß da ein du

und nicht ein es

gezinkt gezoomt

 

 

ein Schritt

in einen neuen Tag hinein

die Sonne plötzlich

strahlt wie nie

und es umarmt sich

und entflieht sich nicht

was auf der Spitze

einer Flamme

sich gefunden

 

und kostet dann

den Regen

der durchnäßt

den ganzen grauen Staub

und auf der Haut

da trocknen helle Tränen

Glück

schenkt sich

einer Seele

die den Himmel

die Unendlichkeit der Weite

tief in sich geatmet eingebunden