Kunst bewegt zur Toleanz – Heine 109

Juni 10th, 2007

In das Haus des Dionysos zieh ich ein

auf einer Insel klippenumrundet

griechisches Feuer flammt am Stein

Efeu überzieht nackte Wände

Wind fegt durch die offene Tür

wilde Bienen hausen im alten Gemäuer

Eidechsen huschen durch Dornen davor

ein Fenster ist auf, durch das

der Mond schenkt seinen bleichen Schein

da bin ich allein mit dir

schwarze Schwester der Dohlen

und wir trinken den Wein

aus schmerzgebrannten Bechern

aus der Unterwelt kommt ein Kassiber herauf

Orpheus grüßt uns, er hat es geschafft

Eurydike hat ihn angesehen

und geflochten sein Haar in die Nacht der Toten

 

Blitze zucken auf

aus den Bechern heraus

fließt der Wein

 

unsere Augen verschwimmen

ineinander ganz

 

Sterne funkeln darin

durchbrechen die Körper, die Schatten

 

eine Sonne gebärt sich

 

über den Fels rollen verwunschene Steine

zischen die grünen Schlangen hinweg

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 108

Juni 10th, 2007

Hatte glühend Bilder 

und Visionen Hildegard 

sah den Willen Gottes 

in den Pflanzen hier 

und in Hieroglyphen 

öffnet sie antike Rätsel 

selber sich voll Schmerz Sibylle 

in der Stille ganz Prophetin 

in Gesang und in Gebet 

streifte sie der Cherubine 

feurig zarte Flügel 

ach wie schrieb ich 

einst vor Jahren 

als nur Äbte, Katzen lasen 

und noch nicht der Rummel war 

Atem Gottes war sie 

hier am Rhein 

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 107

Juni 10th, 2007

Efeu rankt sich um den Fels

rankt sich über Gräbern hin

feucht und grün

nasser Lorbeer nur der Erde

doch geschlungen um das Haupt des Bacchus

tanzt er feurig glühend Sonne sich

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 106

Juni 10th, 2007

Was für Menschen wohnen hier

ob groß ob klein

Wildchen der die Falken liebt

und der Jäger der die Schnepfen schießt

kommen bald die

andern grünen Herren

Falkenjagd bald auch verboten ist

Leben in dem Reservat

gut geschützt und immer besser

ach wie schön sind Indianerspiele

dürfen nur nicht rupfen mehr die Federn

von dem Habicht und den Vögeln

schießen nicht mit Pfeil und Bogen

denn die Spannung eines Bogens

könnte ganz erschüttern hier das Tal

ungeschützt die Seele nur

eingezoot im Wildgehege

sucht der Wolf sich freie Bahn

täglich streift er vor den Zäunen

nur im Kreis

lacht der Mond noch

unter seinen Zähnen

und er beißt

in die Leere ganz der Luft

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 105

Juni 9th, 2007

Sag mir –  ich komme vom Rhein –
wie soll ich Liebe denn benennen :
 

Es klebt die Erde am Fels
die Traube an der Rebe
die Rebe am Stock
der Himmel ganz an dir

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 104

Juni 9th, 2007

Räbelein 

bist mir durch die Seel geschwommen 

flög ich auch zu dir 

all mein schwarzes Meer 

könnt ich dich nicht finden 

käme selbst dann in der Brandung um 

schlüg ich auf die Wellen 

 

so muß ich dir nahe sein 

ohne dich zu finden 

weiß nur daß du ganz in mir 

Flügelschlag und Flug schon bist 

 

wo wir uns verirren tun 

jeder kann nur fliegen seinen Flug 

ach wie gerne streiften 

unsre Flügel sich 

doch die schwarzen Wolken 

trennen uns und die schwarzen Meere auch 

 

pochen fühl ich stets dein Herz 

selbst im Steinschlag flatterst du 

das was wir uns schenken 

sag es nicht denn es ist zart 

daß selbst ein Wort es schon zerbricht 

 

Räbelein 

unsre Stärke nehmen wir aus dem 

großen Topf der Stille, unser Flug 

ist jene Spannung zwischen Leere, Nichts und 

völlig hier, schattenlos da fliegen wir 

manchmal durch die Dornen ohne zu 

verbluten nur mit Schwingen federleicht 

 

Räbelein 

ach wir wissen wie die Krallen sind 

krall mich fest und ich auch dich 

doch wir lösen alle Fesseln weil 

verwaist wir immer Suche sind 

 

es ist das Schicksal uns der Raben 

über fremde Feuer flattern ihre Leiber 

ihre schwarzen Schatten huschen 

hin über Asche, Nacht und Tag 

 

im Flügelschlag der Stille 

zuckt vor dem großen Schrei 

wie Glas entzwei 

ein Herz so fremd 

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 103

Juni 9th, 2007

Der Welterbedichter

ist ein Trichter

vollgestopft

mit Parolen und Konfetti

Zombie er

von dem

was ganz gestorben ist

neigt er sich

vor Politik und auch Vereinen

wie denn meinen

welch Kostüm ist heut der Hut

aufgetragen wieviel Lack

für den Publikumsgeschmack

 

ach aus der Klamottenkiste

alles gab es hier am Rhein

Huren, Kaiser, Nixen, Diebe

alles ging hier aus und ein

heut wo alles eingegangen ist

ist uns ausgegangen ganz der Sinn

alles ist Theater nur

Bühne und Romantik

Ritterspiele und Spectacel

Dagobert und Mickey Maus

kulinarisch immerzu

Feuerwerk gibt’s auch dazu

 

immer nur Ruinen hell erleuchet

und saniert

fehlt uns ganz der Atem

eines Jetzt –  sind wir

immer nur Statistik

Kassenbon und

Übernachtungszahl

 

ach am Ende

ist das Tal ganz unten

und die Welt

hat sich versteckt

und wir warten

auf die Gäste

fallen von den Bäumen

wie die Zeck

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 102

Juni 9th, 2007

Das das ist das schönste Erbe :

Komm wir machen Erben uns

öffnet sich uns ganz die Welt

aller Moder, Staub zerfällt

keiner fragt mehr nach Kultur

leg schnell weg dabei die Uhr

Kunst bewegt zur Toleanz – Heine 101

Juni 9th, 2007

Ach sie haben kein Konzept für Kunst

dabei ist das doch ganz einfach

Kunst ist das was sie nicht wollen

was noch einfach widerspricht

* * * * *

War mal einst noch Lesung

Dichter hier vergessen ganz am Strom

heute sieht man die Plakate schon nicht mehr

tausend Fliegen kleben an der Klatsche

die den Wind nur fächert und nicht bricht

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 100

Juni 9th, 2007

Dies ist doch das Land

wo viele junge tun verbittern

weil sie ohne Arbeit sind

glauben nicht mehr an die Politik

glauben nicht mehr an nur irgendwas

ganz ergeben dann was nur

süchtig macht, erlahmt, verschlittert

 

nicht weil taube Ohren sind

weil man satt hat das Gedusel

das den Wein und das lebend’ge Wort

beliebig wässert hin zum Fusel

 

unter allem Maskenschein

keine Bindung mehr

Wagnis hin zum Leben

offen ganz Gesicht zu sein

 

doch der Rhein hat eine Stimme

 

Strom er ganz

wird nie er zum Kanal

 

findet was er sucht das Meer

auch durch Felsen, Engen ganz hindurch

 

strömt er frei daher

seine Wellen an dem Ufer

 

flüstern ungefesselt leis

Ufer bist du selbst, komm an

 

auch wenn du im Abseits stehst

ohne Arbeit, Sinn ist da

 

nicht die Zeitung ist das Leben

nicht die Briefmark noch das Formular

 

nicht der Titel noch der Schulabschluß

keine krummen Türme nur von Pisa

 

Leben ist was du draus machst

wenn in dir nur Atem pocht

 

Feuer ist der Strom und zäh Geduld

Felsen so er auch bezwang

 

auch wenn keine Inseln sind

manchmal ist nur Treibholz, Sand

 

 

Strandgut kommt aus einer Ferne

die wir alle kennen nicht

 

laß dich schwemmen nicht hinweg

schwimm und geh nicht unter

ruder kräftig mit dem Arm

 

doch wenn zugefroren alles

wie einst hier die Schollen türmten sich

 

klirrend ganz wie Glas sprengt es hinweg

oder taut ganz auf allmählich

 

bricht das Eis uns in der Seele

nur von innen kommt was außen wandelt

 

alles uns dann neue Sicht

spiegelt sich im Aug des andern

 

Perspektiven brauchen Wechsel

Menschen, Ohren und Gespräche

 

wo Verstummung, kapselt

isoliert und igelt alles nur sich ein

 

unsre Zukunft ist

Vermummung nicht

 

offen schreiten wir zum Strom

sitzt ein alter Mann noch

heißt George

 

Wächter noch im totgesagten Park

der jetzt Gartenschau nur ist

 

hält in seiner Hand die Fackel

die noch nicht erloschen ist