Archive for Juni, 2007

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 132

Mittwoch, Juni 20th, 2007

Deine Liebe 

ist ein Seil 

das nie zerreißt 

 

 

denn 

du läßt es 

einfach los 

Kunst bewegt zur Toleanz – Heine 131

Mittwoch, Juni 20th, 2007

In Ruinen

blüht unsere Liebe

am schönsten

 

 

in Fertighäusern

such ich immer den Ausgang

und finde ihn nicht

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 130

Mittwoch, Juni 20th, 2007

Ich lebe noch 

sagt die Angel 

wenn sie 

plötzlich wieder da 

die vorher ruhig 

fast abwesend gewesen 

nach oben 

wirft die Schnur 

ich lebe noch 

wenn an dem Haken 

hängt ein Fisch

und zappelt, zappelt, zappelt

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 129

Mittwoch, Juni 20th, 2007

Zwischen uns

ist eine Fremdheit

die uns ganz

die Nähe schenkt

 

 

es ist als ob

die Nacht da spürt

das Dunkel eines

ander’n Sterns

 

 

es ist als ob

das Licht sich wendet

hin zu hell’rem Glanz

 

 

zwischen uns

ist eine Fremdheit

die uns ganz

die Nähe schenkt

 

 

es ist als ob

das Gras da zittert

wenn der Wind

die Halme fächert

über Wiesen, Felder streift

 

 

es ist als ob

der Stein da fühlt

die Feuerglut der Schlange

die sich aufbäumt oder ringt

 

 

es ist als ob der Adler

mit den Schwingen

die Gipfel einsam

mitträgt auf den Flügeln

 

 

zwischen uns

ist eine Fremdheit

die uns ganz

die Nähe schenkt

 

 

 

 

 

es ist als ob

der Schiefer

wenn er spaltet sich

zerfällt zu neuem Sein

 

 

es ist als ob

der Strom

durch Felsen bricht

in Wellen sanfter Glätte

 

 

es ist als ob

wir Ufer wär’n

von einem andern Strom

der unser Leben

ganz durchbricht

 

 

in uns

ist eine Fremdheit

die uns ganz

die Nähe schenkt

die aus der Stille wächst

die aus der Weite wächst

die alle Enge sprengt

und bettet sich

tief unter’m Flügel eines Raben

der getroffen wurde

vom Pfeil des blinden Knaben

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 128

Dienstag, Juni 19th, 2007

Kunst bewegt nicht nur zur Toleranz

sondern manchmal auch die Diebe ….

 

Der alte Hansenbecher 

er liegt nun irgendwo 

auf fremden Grund 

in einem fremden Fluߠ

die Fische nippen all an ihm 

und trinken Brüderschaft 

sie setzen sich die Krönchen auf 

und spielen Burg und Ritter 

allein die Wassertaufe geht nun schlecht 

wo alles Wasser ist 

fehlt auch der Wein 

zum Hansenmeister wählen sie 

den dicksten Barsch 

und silbern hell 

so wie der Becher schimmert 

im schönsten Schuppenkleid 

die Fischfräulein die Nixen 

sie loreleyen um den Becher rum 

die Reiter auf dem Becher drei 

sie reiten immer schneller 

wenn sie die Nixen sehen 

und alles dreht sich schnell im Kreise 

und singt, palavert, scherzt und tanzt 

 

 

 

im Strudel, Sog 

was log und auch betrog 

was klemmte, stahl und raubte 

der Becher glänzt noch immer 

und schüttelt allen Schwindel 

von sich hinweg nur flüchtig Staub 

in seinem Innern ist ein Schimmer 

den niemand rauben kann 

der nicht aus Stahl, aus Blech 

aus Kupfer, Silber oder Gold 

der aus der Gastfreundschaft getrieben ist 

ein unvergänglich haltbar Band 

 

 

 

die Diebesbeute 

mit neuen Adel 

krönt sie ihre Meute 

und jeder Fisch 

zecht nun ganz frei 

auf ihr Hansen 

seid dabei 

 

 

 

was tief gefallen auf den Grund 

geworfen in den Schlund 

die Hehlersware 

ist erwacht 

das ist des Schicksals Wende 

und gründet tief im Schlick 

am Ende 

eine neue Kommende 

 

 

Zum gestohlenen Becher 

so nennen die Fischlein sie 

Zum gestohlenen Becher 

auf dem Kanal- und Rhônegrund 

 

 

der letzte Mensch der aus dem Becher trank 

der arme Dieb das arme Kind 

er trank zum Trost aus ihm 

und nippte Leid 

das Herz gar blutet ihm 

so sagt er wirklich 

als Mama ganz zerfetzte 

des Lucas Cranach altes Bild 

Sibylle von Cleve 

ihr Antlitz für immer dahin 

 

 

 

wegen guter Führung 

frühzeitig dann entlassen schon 

schreibt er nun Bücher 

der arme Wicht 

das Internet preist ihn stets an 

auf Lesereisen muß er nun 

viel schlimmer als die alte Kellnerei 

 

 

 

und selbst bei Bertelsmann erscheint sein Buch 

dem Club der guten Sitten 

es ist nicht Toleranz 

es haßt der Bürger 

insgeheim die Kunst 

und freut sich 

wenn da zerfetzt, zerhackt, geklaut 

was allzu schön doch war 

 

 

 

und unser armer Dieb 

der letzte Trinker aus dem Becher 

als Sicherheitsexperte für Museen 

sucht er nun neuen Job 

denn Zeugnisse dafür 

die braucht er wahrlich nicht 

 

 

Merkur der Gott der Händler, Spitzbuben und der Diebe 

hat heimlich ihn ganz flink und schwarz gehanst 

sein Name kunstvoll nun eingeschrieben ist 

im Matrikelbuch der großen Diebe 

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 127

Montag, Juni 18th, 2007

Die Frau des Schiffers 

 

 

 

Und immer war er weg 

und kam dann wieder 

zu Schiff war er dahin 

und sie in diesem kleinen Nest 

von der alten Mauer hoch 

wo sie wohnten 

wie alle hiesig Schiffigen 

hielt Ausschau wann das Schiff 

dann kam vorbei 

Anker warf 

und Anker werfen konnte er 

ganz tief 

das Schiff das steuert er 

und sie sie steuert ihn 

 

 

 

* * * * * 

 

 

Von meinem Urgroßvater wird leider berichtet, daß wenn das Schiff, das er steuerte, sich näherte, seine Frau auf der Stadtmauer schnell das Essen für ihn hinstellte, die Kinder schnappte und zur Burg hin flüchtete. 

 

 

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 126

Montag, Juni 18th, 2007

Der blinde Schütz von Sooneck
 

Sie holten ihn
aus dem Verlies
aus tiefer feuchter Grube
wo er nur rund lief
angekettet noch
kalt der Fels
nur etwas Erde aufgestampft
und faules Stroh
der Himmel nicht zu sehen
in diesem innern tiefen Schacht
des hohen fensterlosen runden Turms
sie holten ihn
aus dem Verlies
den blinden Alten
weißbärtig, grau verfilzt
sein langes ungeschornes Haar
verfetzt in Lumpen was bedeckt
die abgemagert knöcherne Gestalt
so humpelt er dahin
Gespenst geworden er
der er Mensch mal war
geblendet weil er einst
zu sehr geliebt
die Frau,  die Schönheit,  Minne
die sie selber so begehrten doch
die Augen ausgestochen
leer und nur mit Hanf gefüllt
die Augen dieses Meisterschützen
sie holten ihn
zum Höhepunkt des Fests
zum Hohn, zum Spott
zur Lachparade
die sie zwanghaft
nur noch amüsieren können sich
um Mitternacht
ergötzten sie sich
im vollen Suff, im Rausch
die allzu blenden
an den stumpfen Augenhöhlen
ohne Glanz, ohn jegliche Pupille
sie haben ausgetilgt
was nicht mehr trifft
und waren sich sicher
hatten doch obsiegt
die Macht auf ihrer Seite
doch reicht der Sieg nicht immer
hält nicht an
ach allzu schnell vergeht
der Siegestaumel
so spielt die Katze mit der Maus
genüßlich langsam
läßt sie wieder los
und laufen frei
sie stellten ihm
den goldnen Becher hin
als Lohn nicht, nein,
als Hohn, als Ziel
der Alte nahm
ganz langsam
die Armbrust in die Hand
die Hand sie legte sicher
den Bolzen und die Schmach
sie spannte weit
sie lachten gellend auf
wie er blind doch war
der Becher auf der Truhe
blieb ruhig ganz stille stehen
in den Sekunden ganz aus blinder Tiefe
und es erstarb
für immer
das Lachen
in der Kehle dessen
der am meisten geblendet und gelästert laut
aufschallend lachte
der blinde Pfeil
er traf genau sein Ziel
 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 125

Sonntag, Juni 17th, 2007

Die Stunde des Rheins 

 

 

 

Klippen, Haar und Fels 

 

 

Nachen die untergehen 

 

 

Bilder die alle 

verschwimmen 

 

 

nichts fängt 

die Tiefe mehr auf 

 

 

an den Ufern gaukeln 

 

 

über Marketing- Konzepte 

Spinnwebnetze 

 

 

ankerlos 

 

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 124

Sonntag, Juni 17th, 2007

In den Blüten des Weißdorns

der Frühling am Rhein

die Hänge hinab

wo alles wuchert

noch wild

Weinberge zugeheckt

traubenlos schon längst

die Blindschleiche

erobert sich wieder

ihr Terrain

Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 123

Samstag, Juni 16th, 2007

Eine Liebe groß und schwer 

sagt der Rhein 

ich trage sie 

durch die Felsen hindurch 

vom Gebirge bis zum Meer 

strömt sie 

an wieviel Klippen vorbei 

sie geht nicht unter 

in keinem Strudel und Sog 

eine Liebe groß und schwer 

sagt der Rhein 

gespeist von den Nebenflüssen 

gespeist von denen die sich 

stürzten in mich 

für immer 

aus dem Leben heraus 

in die Tiefe 

weil ihnen 

alles gefror 

zwei Kammern 

hat ein Herz ja nur 

eine Liebe groß und schwer 

sagt der Rhein 

ich trage sie 

durch die Felsen hindurch 

strömt sie 

an wieviel Klippen vorbei 

in das Meer des Vergessens 

strömt, stürzt sie hinweg 

ohne Ankunft und Ufer