Deine Liebe
ist ein Seil
das nie zerreißt
denn
du läßt es
einfach los
Deine Liebe
ist ein Seil
das nie zerreißt
denn
du läßt es
einfach los
In Ruinen
blüht unsere Liebe
am schönsten
in Fertighäusern
such ich immer den Ausgang
und finde ihn nicht
Ich lebe noch
sagt die Angel
wenn sie
plötzlich wieder da
die vorher ruhig
fast abwesend gewesen
nach oben
wirft die Schnur
ich lebe noch
wenn an dem Haken
hängt ein Fisch
und zappelt, zappelt, zappelt
Zwischen uns
ist eine Fremdheit
die uns ganz
die Nähe schenkt
es ist als ob
die Nacht da spürt
das Dunkel eines
ander’n Sterns
es ist als ob
das Licht sich wendet
hin zu hell’rem Glanz
zwischen uns
ist eine Fremdheit
die uns ganz
die Nähe schenkt
es ist als ob
das Gras da zittert
wenn der Wind
die Halme fächert
über Wiesen, Felder streift
es ist als ob
der Stein da fühlt
die Feuerglut der Schlange
die sich aufbäumt oder ringt
es ist als ob der Adler
mit den Schwingen
die Gipfel einsam
mitträgt auf den Flügeln
zwischen uns
ist eine Fremdheit
die uns ganz
die Nähe schenkt
es ist als ob
der Schiefer
wenn er spaltet sich
zerfällt zu neuem Sein
es ist als ob
der Strom
durch Felsen bricht
in Wellen sanfter Glätte
es ist als ob
wir Ufer wär’n
von einem andern Strom
der unser Leben
ganz durchbricht
in uns
ist eine Fremdheit
die uns ganz
die Nähe schenkt
die aus der Stille wächst
die aus der Weite wächst
die alle Enge sprengt
und bettet sich
tief unter’m Flügel eines Raben
der getroffen wurde
vom Pfeil des blinden Knaben
Kunst bewegt nicht nur zur Toleranz
sondern manchmal auch die Diebe ….
Der alte Hansenbecher
er liegt nun irgendwo
auf fremden Grund
in einem fremden Fluߠ
die Fische nippen all an ihm
und trinken Brüderschaft
sie setzen sich die Krönchen auf
und spielen Burg und Ritter
allein die Wassertaufe geht nun schlecht
wo alles Wasser ist
fehlt auch der Wein
zum Hansenmeister wählen sie
den dicksten Barsch
und silbern hell
so wie der Becher schimmert
im schönsten Schuppenkleid
die Fischfräulein die Nixen
sie loreleyen um den Becher rum
die Reiter auf dem Becher drei
sie reiten immer schneller
wenn sie die Nixen sehen
und alles dreht sich schnell im Kreise
und singt, palavert, scherzt und tanzt
im Strudel, Sog
was log und auch betrog
was klemmte, stahl und raubte
der Becher glänzt noch immer
und schüttelt allen Schwindel
von sich hinweg nur flüchtig Staub
in seinem Innern ist ein Schimmer
den niemand rauben kann
der nicht aus Stahl, aus Blech
aus Kupfer, Silber oder Gold
der aus der Gastfreundschaft getrieben ist
ein unvergänglich haltbar Band
die Diebesbeute
mit neuen Adel
krönt sie ihre Meute
und jeder Fisch
zecht nun ganz frei
auf ihr Hansen
seid dabei
was tief gefallen auf den Grund
geworfen in den Schlund
die Hehlersware
ist erwacht
das ist des Schicksals Wende
und gründet tief im Schlick
am Ende
eine neue Kommende
Zum gestohlenen Becher
so nennen die Fischlein sie
Zum gestohlenen Becher
auf dem Kanal- und Rhônegrund
der letzte Mensch der aus dem Becher trank
der arme Dieb das arme Kind
er trank zum Trost aus ihm
und nippte Leid
das Herz gar blutet ihm
so sagt er wirklich
als Mama ganz zerfetzte
des Lucas Cranach altes Bild
Sibylle von Cleve
ihr Antlitz für immer dahin
wegen guter Führung
frühzeitig dann entlassen schon
schreibt er nun Bücher
der arme Wicht
das Internet preist ihn stets an
auf Lesereisen muß er nun
viel schlimmer als die alte Kellnerei
und selbst bei Bertelsmann erscheint sein Buch
dem Club der guten Sitten
es ist nicht Toleranz
es haßt der Bürger
insgeheim die Kunst
und freut sich
wenn da zerfetzt, zerhackt, geklaut
was allzu schön doch war
und unser armer Dieb
der letzte Trinker aus dem Becher
als Sicherheitsexperte für Museen
sucht er nun neuen Job
denn Zeugnisse dafür
die braucht er wahrlich nicht
Merkur der Gott der Händler, Spitzbuben und der Diebe
hat heimlich ihn ganz flink und schwarz gehanst
sein Name kunstvoll nun eingeschrieben ist
im Matrikelbuch der großen Diebe
Die Frau des Schiffers
Und immer war er weg
und kam dann wieder
zu Schiff war er dahin
und sie in diesem kleinen Nest
von der alten Mauer hoch
wo sie wohnten
wie alle hiesig Schiffigen
hielt Ausschau wann das Schiff
dann kam vorbei
Anker warf
und Anker werfen konnte er
ganz tief
das Schiff das steuert er
und sie sie steuert ihn
* * * * *
Von meinem Urgroßvater wird leider berichtet, daß wenn das Schiff, das er steuerte, sich näherte, seine Frau auf der Stadtmauer schnell das Essen für ihn hinstellte, die Kinder schnappte und zur Burg hin flüchtete.
Der blinde Schütz von Sooneck
Sie holten ihn
aus dem Verlies
aus tiefer feuchter Grube
wo er nur rund lief
angekettet noch
kalt der Fels
nur etwas Erde aufgestampft
und faules Stroh
der Himmel nicht zu sehen
in diesem innern tiefen Schacht
des hohen fensterlosen runden Turms
sie holten ihn
aus dem Verlies
den blinden Alten
weißbärtig, grau verfilzt
sein langes ungeschornes Haar
verfetzt in Lumpen was bedeckt
die abgemagert knöcherne Gestalt
so humpelt er dahin
Gespenst geworden er
der er Mensch mal war
geblendet weil er einst
zu sehr geliebt
die Frau, die Schönheit, Minne
die sie selber so begehrten doch
die Augen ausgestochen
leer und nur mit Hanf gefüllt
die Augen dieses Meisterschützen
sie holten ihn
zum Höhepunkt des Fests
zum Hohn, zum Spott
zur Lachparade
die sie zwanghaft
nur noch amüsieren können sich
um Mitternacht
ergötzten sie sich
im vollen Suff, im Rausch
die allzu blenden
an den stumpfen Augenhöhlen
ohne Glanz, ohn jegliche Pupille
sie haben ausgetilgt
was nicht mehr trifft
und waren sich sicher
hatten doch obsiegt
die Macht auf ihrer Seite
doch reicht der Sieg nicht immer
hält nicht an
ach allzu schnell vergeht
der Siegestaumel
so spielt die Katze mit der Maus
genüßlich langsam
läßt sie wieder los
und laufen frei
sie stellten ihm
den goldnen Becher hin
als Lohn nicht, nein,
als Hohn, als Ziel
der Alte nahm
ganz langsam
die Armbrust in die Hand
die Hand sie legte sicher
den Bolzen und die Schmach
sie spannte weit
sie lachten gellend auf
wie er blind doch war
der Becher auf der Truhe
blieb ruhig ganz stille stehen
in den Sekunden ganz aus blinder Tiefe
und es erstarb
für immer
das Lachen
in der Kehle dessen
der am meisten geblendet und gelästert laut
aufschallend lachte
der blinde Pfeil
er traf genau sein Ziel
Die Stunde des Rheins
Klippen, Haar und Fels
Nachen die untergehen
Bilder die alle
verschwimmen
nichts fängt
die Tiefe mehr auf
an den Ufern gaukeln
über Marketing- Konzepte
Spinnwebnetze
ankerlos
In den Blüten des Weißdorns
der Frühling am Rhein
die Hänge hinab
wo alles wuchert
noch wild
Weinberge zugeheckt
traubenlos schon längst
die Blindschleiche
erobert sich wieder
ihr Terrain
Eine Liebe groß und schwer
sagt der Rhein
ich trage sie
durch die Felsen hindurch
vom Gebirge bis zum Meer
strömt sie
an wieviel Klippen vorbei
sie geht nicht unter
in keinem Strudel und Sog
eine Liebe groß und schwer
sagt der Rhein
gespeist von den Nebenflüssen
gespeist von denen die sich
stürzten in mich
für immer
aus dem Leben heraus
in die Tiefe
weil ihnen
alles gefror
zwei Kammern
hat ein Herz ja nur
eine Liebe groß und schwer
sagt der Rhein
ich trage sie
durch die Felsen hindurch
strömt sie
an wieviel Klippen vorbei
in das Meer des Vergessens
strömt, stürzt sie hinweg
ohne Ankunft und Ufer