Es zittern in der Nacht
die Flügel
des Menschen Wort
wäscht sich
am Ufer aus
es treiben in dem Strom
die Augenblicke
Zeit schwemmt sich fort
tief ins Vergessen
und Strudel Sog
saugt auf
die Stille
Es zittern in der Nacht
die Flügel
des Menschen Wort
wäscht sich
am Ufer aus
es treiben in dem Strom
die Augenblicke
Zeit schwemmt sich fort
tief ins Vergessen
und Strudel Sog
saugt auf
die Stille
Über den schwarzen Kähnen
flattert das Netz
trocknen die Fische im Wind
ausgedörrt
hungert am Ufer
ein Blick
der sich getaucht
ohn Schrecken
ins Absichtslose ganz
* * * * *
Hier an der Mündung des Bachs
da mündete ein Verbrechen
da warfen sie hin
was aufgeklärt wurde nie
den Ermordeten
den sie zusammenschlugen
und er trieb hinweg
Wer den Rhein bereist
sieht nur die Wellen
und die Tiefe fehlt
er sieht die Burgen
nicht die Schatten
der Kirchen Äußeres
doch nicht
das was verstummt uns ist
er sieht die Mauern
nicht den Zwang
er hört am Ufer
keine Rufe mehr
„Hol Über „
im Nachen keinen Fang
es glänzt und glänzt
es blinkt und blinkt
nichts das nicht teuer
wieder aufgeputzt
die kahle Anmut
ihre scheue Geste
ergreift ihn nicht am Arm
er wird hinweggeführt
gelotst im Leitsystem
in Flitter und Tamtam
erhitzt mit Wein und aufgegrölt
belehrt und zugeteilt und abkassiert
doch führen Schritte noch hinaus
noch gibt’s die Pfade
das Erlebnis wird
was Fels und Strom
an steilen Bergen
fällt von freier Höhe ab
der Wind frischt auf das Tal
und Atem wird ein Feuer ganz
das auch durch Dornen, Schatten geht
der Sonne zu
Hölderlin du
Bruder in Stumme und Fels
von Göttern geführt hinab
den pindarischen Pfad
hast du die Helle gesehen
durch die Gewitter hindurch
blitzte das Morgen dir auf
Diotima Pythia lebt
wild blüht der Lorbeer
weit blickst du ins delphische Tal
und kehrst zur Kastalischen Quelle zurück
am Hang des Parnassos
wie oft bist du geschritten im Traum
im dunklen Efeu sahst du
und branntest ein Feuer tief in die Nacht
Schatten da zuckten und stumm
legte sich Schweigen auf Fels
was in den Fesseln sich wälzt
Stimme war’s des freigeborenen Stroms
was aber spaltet die Erde, zerreißt
und stürzt schlangengleich
sich durch Täler und Berge hinweg
städtegründend und Rebenhänge
flutenzerbrechend Dämme entzwei
nichts das da zähmt neu Ufer zu schaffen
brückenlos Abgrund und doch Findung zugleich
trümmerlos starkausdauernd kräftiger Sinn
zu fühlen teilnehmend ein anderer zu sein
aus heiliger Fülle der Weingott speist er die Raben
entweiht die Knechtschaft schlägt mit Blindheit
die sich erhitzen nur ergötzen und ergrellen
mühelos schenkt er den Himmel und legt
auf die Schultern Helle und Glanz einer Stille
nah ist unfaßbar was uns rettet noch fern
in unbekannte Meere strömt was hier noch wellt
und fällt am Ufer tropfenweis am Treibholz ganz herab
wie die Söhne der Erde sind so empfangen sie auch
durch das Dunkel bist du ganz geschritten
durch die Nacht die unser Tag
niemand schröckt hier mehr was auf
darum überrascht es nicht
wenn unter Lasten ganz die Freud erstickt
im Schatten des Walds erwacht
das dämmrige Dickicht nicht mehr
unversöhnlich erstarrt sind
die vom Blitz getroffenen Bäume
die Nacht geht hinunter zum Ufer
es säuseln die Weiden nicht mehr
umgewandelt ist die Zeit
hastet schneller nun vorrüber
wo ist das Maß zu tragen das Schwere das Leichte
Glück und Unglück zugleich Lob und auch Klage
du greifst den Erlenkönig an und stützt ihm auch den Rücken
bei Tage wenn es fieberhaft und angekettet das Gedächtnis
nachts kehrt im Traum uralte Verwirrung auf und über
Felsen springt was eben noch im Feuer ganz erlosch
Und aus der Nacht heraus
kam er
den brennenden Raben
auf der Stirn
es schrieb sich in den Fels
geheime Zeichen
geschwärzt, erstickt
gebrandmarkt, numeriert
war’s Feuer, Asche oder Rauch
ein H, ein A, ein M, ein R
das weiße Lamm
es färbte sich ganz rot
und seine Hände
waren Rauch
für immer
legte er
die Asche
in das Wort
Auf der Kapelle sitzen Raben
Jahrhunderte schon lang
sie sprechen mit den Speiern
durch die der Regen fließt
den Drachen und Dämonen
den Fratzen und Chimären
wenn unter Wolken ganz die Stadt
der Regen über graue Dächer gießt
und Stille breitet sich dann aus
Gekreische und Gekeife in den Gassen dann verhallt
und auf dem Kirchturm drüben
der Hahn er rostet in dem Wind
der Hahn dort auf Sankt Peter
dem einst er auch gekräht
die Höhen sind nun wieder frei
die Galgenberge weg, die Hakenkreuze auch
der alte Friedhof ist nicht mehr
die Steine alle weg, die Gräber zugeschüttet
wir gehen immer über Gräber
und wissen es oft nicht
die Wasserspeier spucken alles aus
den Regen und auch das Vergessen
das in den grauen Schieferdächern haust
doch hier in diesen stillen Mauern der Kapelle
ist unbedeckt der Himmel offen
noch vieles was in dieser Stadt
fühlbar zugegen
es singen hier die Vögel über Gras
und fliegen durch die hohen Fenster
durch kein Portal tritt man
mehr ein noch aus
Natur schuf mit den Zustand der Kapelle
und trug den einen Flügel ganz hinweg
er rutschte in die Tiefe
so sackte ab der alte Eingang
mit der Madonna und dem Kind
direkt inmitten steht man nun
und geht hindurch und auch vorbei
wo früher war man ganz schon mittendrin
und steile Treppen führen nun hinauf
wo früher sanft man von der Seite
durch Gärten, Weinberg hochgeschritten
die Schatten der Kapelle waren
Pilgerfahrten, ferne Muscheln
doch auch das Schwert,
Verfolgung und der Strick
man mordete im Namen dessen
der gemordet wurde doch wußte
niemand dann von wem, das heißt
es wußte jeder dann sofort und schon zuvor
und selbst nach Generationen noch
die Enkel zeugten was sie nie gesehen
so schafft man immer neue Opfer
und sucht den Haß den Feind sich aus
im Namen Christi, Allah oder der Vernunft
des Fortschritts, der Gefahr des Vaterlands
des Lebens ohne Raum, Revolution, Globalisierung
der Freiheit, Toleranz, der Sitten
und wir verteidigen in fernen Ländern
die wir gar nicht kennen
seit jeher Kreuzug stets
das was uns auch dann
kommt abhanden das wozu
doch in den Mauern der Kapelle
die Pfeiler stehen noch
die Pfeile sind hinweg
am Ketzerufer Scheiterhaufen auch
es spannt sich nicht der Bogen mehr des Haßes
die Pfeile sind hinweg
das Dach gleich mit
als Feinde sprengten hier die Burg
oder verwitterte es ganz einfach
als die Konfessionen sich bekriegten
und vieles nicht mehr tauglich war
Bilder und Skulpturen
das vorher heilig war
der Leichnam der gemordet
kam abhanden
der Sinn so der Kapelle auch
es hielten nun die Raben Einzug
die Schlangen, Mäuse, Würmer auch
der Wind pfiff durch die Fenster
der Regen klatschte naß ins Gras
doch da entdeckten dann
die tiefen stillen Augen der Romantik
daß hier was aufgebaut
was mehr war als Progrom und Grabesstätte
in diesen Stein flocht sich ein Schicksal ein
daß aus dem Dunkel der Geschichte
sich hell in Kunst erhob
die Höhe feiner Sandsteinrippen
das Maß, die Proportion, die Zahl
daß hier erschaffen etwas was sonst nicht
gebaut ein Wille ganz aus hohem Streben
der ohn Zuviel und Übermaß und Zier
schlicht einfach diente einem hohen Zweck
der alle Niederungen überragte
und mitten in dem toten Stein
da wachte auf die Seele
und die Romantik fand hier ganz zu sich
und staunte vor dem Werke unbekannter Meister
Gott schenkte die Kapelle neu
und trug da ab die alten Schatten
die nochmal fürchterlicher flammten als zuvor
und jede Quelle nun versiegt
aus der dann Blut nur sprudelt
und Nischen leer
kein Buch mehr drin
kein Kruzifix kein Grab keine Monstranz
und Nischen leer
so wie ein Thoraschrein
das Buch das mußt du selber sein
dein Herz dein Wort
und Nischen leer
so wie ein Thoraschrein
es gibt kein Herz
das außerhalb
was Gott gegeben
auch die Engel der Finsternisse
übersteigen nicht den Glanz
den er der Schöpfung hat gegeben
und leer der Thoraschrein
auch der in jenem alten Haus
wo die Gesetzesrolle überlebte
die alte Synagoge ist verwaist
wir alle immer Pilger sind
egal was wir auch suchen
oder nicht mehr wissen
was wir suchen
was zu suchen
Jerusalem ist in uns
wenn wir finden
und ist doch immer
unser fernstes weitest Ziel
wir sind nur auf dem Weg
der immer Anfang ist
auf halber Höh
wo breit der Fluß
die weite Biegung macht
und öffnet groß das Tal
zum Süden hin
das abwärts dann
in Bergen felseneng gestaffelt
da wacht sie
oberhalb der Stadt
offen ihre Bögen
und grüßt den Strom
den Reisenden von fern
und ihre hohen Fenster
strecken hoch sich in den Himmel
und fallen ins Auge schon von fern
ihr rotes Sandsteinfeuer leuchtet
die Raben hier auf der Kapelle
sind Wächter über dieser Stadt
daß nicht die Wölfe wieder kommen
und fressen Haut und Haar die Seelen auf
auf graue Schieferdächer fällt der Regen
und DER in leeren Nischen scheinbar schweigt
nicht wir, nur ER kann geben
so wie der Strom durch Engen fließt
aus Wunden spendet ER den Segen
und die Kapelle über dieser Stadt
vermag der Denkmalschutz sie auch einzufrieren
ist nun das Haus der Raben
Wie ein Rabe imitiert er
ahmt nur nach und täuscht
gar selbst ja so ist es
Hundeleben in den Gassen
muß man bellen mit dazu
in den Wiesen zirpen Grillen
an den Teichen schnattern schnattern
Schnatterels und Gänserich
an den Mauern Gassenhauer
bei Moral nur kurz erschauern
bei den Demonstranten dann
buhen muhen rufen
an der Uni fabulieren
alles glatt nur ein Zitieren
ja so ist das imitieren
in der Liebe nur bei aller Kunst
bricht das Herz
Und da kam er, schlug an
und flog durch die offene Tür
und nippte am Becher
offen die Tür war der Nacht
und durch die engen Gassen
flatterte ein Schrecken
und setzte sich
ins Aug des Rabbi ganz
als er sah das blutend etwas
und die Gäste die da mimten
mimte er sogleich auch mit
bis er warf das blinkend Silber
in die Fluten tief des Rheins
daß da nichts mehr glänzte
in der Nacht die dunkel
das Exil ihm nun gebracht
Aus den Flügeln der Nacht
werd ich nehmen
das verbitterte Brot
das Salz aus den Seufzern des Leids
schöpfen das Grau aus all den Anstaltskitteln
die Leere der Wände
die Antwort nur waren
die Stumme im Blick
eisiges Schweigen
die Finger die kalt
nur erstarrt
aus der Schrecknis heraus
werd ich kratzen den erfrorenen Segen
und legen dir
taub auf die Lippe
der Rabenfeder Glanz
das gewendete Weiß der Engel
Sie fliegen durch die Finsternisse
hin über Felder nur des Tods
wenn alle Hoffnung ist gebrochen
und aller Laut erstickt
wenn Schatten nur das Wort
weil es entmenschlicht wurde
wenn Gott ist auf der Zunge
nur ein Gebet noch stumm verlassen
ein Schrei nur noch
ein Zucken eine Lähmung
eine tote Miene
sie fliegen unberingt
und tragen doch
im Herzen gelbe Ringe