Das das ist das schönste Erbe :
Komm wir machen Erben uns
öffnet sich uns ganz die Welt
aller Moder, Staub zerfällt
keiner fragt mehr nach Kultur
leg schnell weg dabei die Uhr
Das das ist das schönste Erbe :
Komm wir machen Erben uns
öffnet sich uns ganz die Welt
aller Moder, Staub zerfällt
keiner fragt mehr nach Kultur
leg schnell weg dabei die Uhr
Ach sie haben kein Konzept für Kunst
dabei ist das doch ganz einfach
Kunst ist das was sie nicht wollen
was noch einfach widerspricht
* * * * *
War mal einst noch Lesung
Dichter hier vergessen ganz am Strom
heute sieht man die Plakate schon nicht mehr
tausend Fliegen kleben an der Klatsche
die den Wind nur fächert und nicht bricht
Dies ist doch das Land
wo viele junge tun verbittern
weil sie ohne Arbeit sind
glauben nicht mehr an die Politik
glauben nicht mehr an nur irgendwas
ganz ergeben dann was nur
süchtig macht, erlahmt, verschlittert
nicht weil taube Ohren sind
weil man satt hat das Gedusel
das den Wein und das lebend’ge Wort
beliebig wässert hin zum Fusel
unter allem Maskenschein
keine Bindung mehr
Wagnis hin zum Leben
offen ganz Gesicht zu sein
doch der Rhein hat eine Stimme
Strom er ganz
wird nie er zum Kanal
findet was er sucht das Meer
auch durch Felsen, Engen ganz hindurch
strömt er frei daher
seine Wellen an dem Ufer
flüstern ungefesselt leis
Ufer bist du selbst, komm an
auch wenn du im Abseits stehst
ohne Arbeit, Sinn ist da
nicht die Zeitung ist das Leben
nicht die Briefmark noch das Formular
nicht der Titel noch der Schulabschluß
keine krummen Türme nur von Pisa
Leben ist was du draus machst
wenn in dir nur Atem pocht
Feuer ist der Strom und zäh Geduld
Felsen so er auch bezwang
auch wenn keine Inseln sind
manchmal ist nur Treibholz, Sand
Strandgut kommt aus einer Ferne
die wir alle kennen nicht
laß dich schwemmen nicht hinweg
schwimm und geh nicht unter
ruder kräftig mit dem Arm
doch wenn zugefroren alles
wie einst hier die Schollen türmten sich
klirrend ganz wie Glas sprengt es hinweg
oder taut ganz auf allmählich
bricht das Eis uns in der Seele
nur von innen kommt was außen wandelt
alles uns dann neue Sicht
spiegelt sich im Aug des andern
Perspektiven brauchen Wechsel
Menschen, Ohren und Gespräche
wo Verstummung, kapselt
isoliert und igelt alles nur sich ein
unsre Zukunft ist
Vermummung nicht
offen schreiten wir zum Strom
sitzt ein alter Mann noch
heißt George
Wächter noch im totgesagten Park
der jetzt Gartenschau nur ist
hält in seiner Hand die Fackel
die noch nicht erloschen ist
Früh beleckt, antikes Erbe hier
nicht nur Gladiatoren
sondern Sinne auch und auch Geschmack
herrlich Glas ganz durchsichtbar
und zerbrochen Diatret
Götter kamen aus dem fernen Osten
Mithridates, Isis, Jesus auch
römisch Marmor glatt und hell
nicht so grau wie Schiefer
griechisch Feuer tiefer Atem
und auch heute aphroditisch nackt
deine Haut mir, schau nicht hin
fühle nun das Erbe ganz
als wir zimmerten noch Hütten
dumpf und nass roch das Gebälk
wenn der Regen über Stroh hinfloß
bauten sie in Stein
war gebrannt aus Lehm und Ton
Ziegel nannten sie solch tegula
wohnten sie in künstlich Fels
Höhlen selbst gemacht aus Stein
hatten Leder an und viel Textil
schwarze Haare glatt geschnitten
schauten uns wie Götter an
unsre Kraft war wildes Vieh
Schweiß und rote, blonde Haare
gingen nackt nur in die Thermen
weiß bekittelt mit Sandalen
wuschen sich wie nie
aßen Trauben tranken Wein
gingen dann wie Ameisen daher
Reihen, Schilder und Fanfaren
unsre Hunde bellten wild
unsre Frauen hätten uns verlacht
wenn wir so stolziert placiert dahergeschritten
so gedrillt Adler bleiern aufgesetzt
Vogelköpfe ganz im Nacken
später dann die Blechlawinen
unsre Ritter hatten selber dann
ein Reich römisch auch genannt
und die Pfaffen nicht mehr so wie heut
lateinisch Buchstab konnten lesen und gar schreiben
unser wilder Haufen wurde dann Nation
in der Völkerwanderung
hätten wir es fast verpaßt
nur die Frankenkrone und die Religion
halfen uns, daß wir nun
mehrere Reiche hinter uns dann schon
heute ist uns alles Erbe
hat der Erbfeind auch gewechselt
oder gibt es sowas gar nicht mehr
hie Welf hie Stauf hie Konfession
alles ging dahin und auch daher
zahlten aber Zoll noch vorher kräftig
wir verdienten an dem Wasser in dem Rhein
mehr als jemals nur am Wein
alles mußte hier hindurch
Turnosen und Tribute
prägten den Gewinn in Münzen fein
als die Felsenwasserstraße hier des Rheins
brachte nichts mehr ein
fuhren über Land nun Waren
unsre Zollburg gar Ruine
kam rechtzeitig die Romantik angereist
rettend uns aus aller Not
und aus aller Welt
lotste sie Touristen her
setzte auf den kalten Stein
eine nackte Frau mit goldnen Haaren
und die kämmte immerzu
Locken sich um zu verlocken
und die fremden Groschen gingen unter
fielen tief in unsre Kassen
und wir lernten immer schneller
nur zu werben und zu zocken
jetzt ist wieder Stille angesagt
sanft Tourismus und auch zu
verschonen Fledermaus und Wichtelbär
und wir wickeln alle Fisch
in Prospekte Glanzpapier
daß da nur kein Kratzer sei
in dem Erbeeinerlei
alles ist nur Zellophan
niemand reißt mehr auf die Stille
daß in allem Schein und Glanz
tanzt ein freier Wille ganz
Herwegh ruft uns zu :
“ Der Freiheit eine Gasse
in der Welterbetasse “
Bischof Hatto mahnt dazu :
„Wie die Mäus gefangen
unter einer Käseglock
alles wittert nur den Speck
doch kommt nicht vom Fleck “
über dieses Land gestülpt
Reiche, Toteninseln und Fanfaren
Utopisten, Revolutionäre hingeschritten
und die alten gestrigen dann auch
falscher Sagen gibt’s kein Mangel
wenn ein Erbe uns dann ist Kultur
daß wir selber mitbestimmen unsre Spur
Blind
beerbt sich hier das Tal
trotz der vielen Sichten
sommertags steht still die Zeit
mittags in der Hitze
provencalisch fast
auf den Höhen Luftzug ist
unten tuckern Schiffe
und du schließt die Augen
wie die Eidechse
auf dem Schiefer
alte Göttin hier
schon vor der Zeit
Ach die armen Fisch
tanzen auf dem Tisch
plötzlich ist das Tal ein Erbe
und der Strom nun rein Kultur
die geschrieben wird mit h
Rheinkultur
und das Wasser gar kein Wasser mehr
Vater Rhein setzt sich die Krone auf
und posiert mit schönen Damen und auch Herren
Hagen, Nina Hagen alles ist nun eins
ach die armen Fisch
tanzen auf dem Tisch
schnappen nur nach Luft
ganz betört vom Weltenduft
jede Schuppe auf der Haut
spiegelt nun den neuen Hauch
und mit Kiemen und mit Flossen
alles ist vom Erbe ganz durchflossen
und man wartet auf die Fotografen
auf die Herren von Politik und Fernsehen
schnell noch lächelt jeder fein die Kieme
Weltkultur ist nun die Schiene
ganz erstarrt von soviel Ruhme
plötzlich ist man nicht nur Fisch
sondern Teil von einem Ganzen
das durchschwemmt das ganze Tal
wo doch sonst die andre Eck
war nur leer ein Fleck
tapfer hält man Erbe aufrecht
unverdrossen mit der Flosse
ist die Welt zu Gast
hat man nicht mehr Rast
alles wimmelt, plant und denkmalt
alles bistrot, flammt und gart
ach das Wasser ist kein Wasser mehr
siedet hoch sich ganz zur Loreley
in dem Haar der alten Nixe
kämmt sich nun die ganze Wichtigtuerei
ach wer war nur dieser Ahn
der vermachte uns den Kahn
daß wir erben nur am End
Nachen ohne Wänd
keine Ruder mehr
Lotsen längst dahin
löchrig ist der alte Kahn
stillgelegt und aufgebockt
ausgedörrt und ganz verschlissen
welcher Ahn hat uns beglückt
linkes Ufer
rechtes Ufer
vorne, hinten
mit der Strömung
gegen sie
alles ist nun
ohne Wahl
Erbe nur im Tal
welche Qual
Nikolaus der Schiffspatron
Erbe schenkt er uns als Lohn
ohne Arbeit, Müh und Fron
was fällt ab an Futter
beim Welterbekutter
ankerlos treibt er umher
sind dann seine Netze leer
ach die ganzen Fisch
tanzen auf dem Tisch
plötzlich ist das Wasser
gar kein Wasser mehr
und die armen Fisch
tanzen auf dem Tisch
schnappen
zappeln
nach dem Erbe
nur noch
Das – Schopenhauer mißbrauchend – zielt auf Heine und seinen Text.
Dafür Toleranz wie für den Besudlungs- und Verhunzungsjargon ?
Der tritt am Mittelrhein hier nicht zum ersten Mal auf.
Solch ein Weltkulturerbe-konzept soll Mainz für sich behalten
samt dieser 16 seitigen Broschüre.
Der Verfasser sollte zur Besinnung kommen – jeder liegt mal falsch-
oder überreizt falsch auch aus guter Gesinnung heraus – es ist ein sehr erhitztes
Trockenklima hier, fast vulkanisch eruptiv – am Ende bekommt der Verfasser noch
falsche Gäste, aber ich weiß, daß er nicht zu diesen gehört.
Denk!mal, wenn Denken nützt, dann sollte man Worte überprüfen,
aus welcher Gebrauchskiste sie stammen !
Ich toleriere und achte seine Liebe zu dem Denkmal und seinen Einsatz
für das Weltkulturerbe, das sich leider bisher zu wenig mit
Schatten und Widersprüche der Geschichte und Menschen befaßt hat,
sondern mehr mit Insekten und Fledermäusen.
Ich wünsche dem Verfasser, daß der Hahn so richtig kräht,
daß er erwacht. Und Kraft, Phantasien und Ideen nicht vergeudet.
Denn ich weiß, er hat davon ganz viel.
Und seinen Einsatz für die Gegend hier möcht ich so wenig missen
wie den Wein bei ihm.