Beständigkeit

Mai 7th, 2007

Ein Flittertier

das flittert immer zu

es schlittert

durch Kontakte

und ist es hier

da hüpft’s schon

es schaut dich an

sieht schon den andern

ein Flittertier

es flittert immer zu

es schlittert Nähe

nach Bedarf

und zittert

wenn es länger

noch verharren muß

ein Flittertier

es flittert, schlittert

wittert immer zu

ist weg dir

schon im Nu

und ist es hier

da ist’s auch schon

wieder durch die Tür

und niemand hält es

kennt es, denn

das wäre schrecklich für das Tier

zu sein einfach nur hier

An Usinger

Mai 7th, 2007

Der Nacht-Rab

 

Beendet ist der Sang.

So fingst du deinen

Nach-trab an

was hier noch folgt

das war schon immer da

das Flügellose ungefügt

schwirrt hell

unsichtbar im Gesang

weiße Steine rollen

über Fels und tote Schlangen

unaufhörlich endlos hin

graswurzellos

nisten die Raben

in den Nischen der Götter

auf weißem Marmor

hüpfen sie schwarz

krallen die losen Buchstaben

im Wind treiben verlorene Worte

mit Flügeln zu schlagen

das Unsagbare

die Liebe ist immer der Anfang

fliegen sie über Asche und Staub

zu den grünen Sibyllen hin

Im Tal der Raben

Mai 6th, 2007

Angekommen wächst Stille aus den Felsen.
 

Der Schmerz dahin.
 

Er hob sich nicht hinweg.
 

Er war abwesend und doch da.
 

Hier sprach aber niemand mehr.
 

Hier hörte das Gras man wachsen.
 

Das in die Erde hineinwuchs vom Himmel her.
 

Die Wolken, die vorrüberzogen, waren Gespräche, die niemand mehr führt.
 

Leere Wolkenschiffe hafenlos.
 

Nichts ankerte mehr im Himmel.
 

Masten brachen um.
 

Krähen flogen durch weiße Segel.
 

Weiße Segel fingen all das Schweigen.
 

Unterbrochen nur vom Gekrächze der Krähen.
 

Nichts fingen die Netze mehr auf.
 

Die Vogelfänger waren arbeitslos, ebenso die Fallensteller.
 

Die Jagd war vorbei.
 

Kein Schuß fiel in der Stille.
 

Es gab zu jagen nichts mehr.
 

Nicht einmal Schatten.
 

Die Sonne blendete, nachts der Mond.
 

Der Fels kühlte die Füße.
 

Barfuß ging man durch Distel und Dorn.
 

Pfade, keine Wege.
 

Pfade, die ausgetreten nur von einem selbst.
 

Einsame Pfade, in der Irre umher,

auf denen niemand mehr folgte.
 

Nicht einmal der eigene Schatten. 
 

Pfade, die sich niemals mehr kreuzten.
 

So floh man von und vor sich.
 

Es gab keine Ferne, die Ankunft war.
 

Keine Nähe, die je Ausgangspunkt.
 

Man verspürte die Lust, den Bogen zu spannen,

dessen Pfeil man selber war.
 

Doch fehlte jegliches Ziel.
 

Erinnerung war noch in den samtenen Unterseiten

der Blätter blaugeädert.
 

Doch es war windstill, nicht einmal die Weiden zuckten.
 

Genau richtig, um langsam zu lernen,

die Leere auf Händen zu tragen.
 

Wer hier hin kommt, hat alles hinter sich.
 

Und das ist gut so.
 

Die Zählmaschinen aussortiert.
 

Nur hier tasten die Worte noch das,

aus dem sie einst wuchsen.
 

Archaische Frühe, die sich nicht verblendet.
 

Aber auch nie stille steht.
 

Die immer da ist.
 

Abwesend.
 

Zu ihr hin entwickelt sich alles immer wieder auf’s neu.
 

Die Schlangen wissen es und die Eidechsen.
 

Sie häuten sich.
 

Streifen die Hülsen ab, die Häute,

in denen sie doch atmen die Sonne, den Mond.
 

Wörter abstreifen wie man Kleider ablegt,

die nicht für einen gemacht.
 

Nicht verkürzen, verlängern.

 Ablegen.
 

Im Tal der Raben hat man alles abgelegt.
 

Selbst die Vorstellungen darüber.
 

Die Gegensätze pochen nicht mehr.
 

Fessel und Freiheit sind eins.
 

Ankunft und Abwesenheit auch.
 

Du bist fern und nah zugleich.
 

Du bist meine Härte, sagt das Blatt.
 

Und du bist mein Schweben, sagt der Fels.
 

Worte ihr seid meine Finger, Messer nicht mehr.
 

Du bist mein Wort

sagt der taubstumme quarzgeäderte Schiefer.
 

Da lachen die Raben. Brennesselblätter im Schnabel.
 

Denn sie tragen alles auf Flügel,

Schwere und Schwärze der Erde, die Sonne zugleich. krr krr krrr .
 

Durch die Leere der Luft fliegen sie ihr Gekrächze,

erschrecken den Wind,

durchkreuzen die Nacht,

ihr schwarzes zarte Gefieder

berührt die einsame Mondsichel

am fernen Horizont.
 

Flügelschlag der Stille.
 

Im Tal der Raben wart ich auf dich.
 

Komm.
 

Ich bin da.
 

Pfadlos.
 

Ohne Worte.
 

Ein Rabe sitzt auf meiner Schulter.
 

Sieh ihn an.
 

Er hat deine Augen.
 

Sein Gefieder dein Haar.
 

Deine schwarzen Zotteln sind länger geworden,

hängen tiefer dir im Gesicht,

bedecken deine Stirn,

deine Augen stechen durch sie

deinen unwiderstehlichen Blick.


 

Schlag unter deine Flügel mich ganz.
 

  

   

 

Meister der Teezeremonie

Mai 6th, 2007

Ein Leben lang übte er sich darin.

Er trank Tee aus einer Tasse.

Ganz normal. Ganz einfach.

Schimpfte das Kind, das den Kaiser immer nackt sieht.   

Ja   ungeziert.

Poetologisches Tagebuch

Mai 6th, 2007

Nun ist er

Stein geworden, Wind

und er schaut

in eine andre Zeit

schaut nicht mehr

zurück

bindet mit Bast

nicht mehr die Reben

die Jagd ist vorbei

das Wild

längst schon erlegt

die schwarzen Flecken

aus den Spiegeln

ganz entfernt

nichts klebt mehr

kleistert oder glitzert

sieht das Gras

wurzellos die Halme

abgemäht

nun ist er

Stein geworden, Wind

und er schaut

aus seiner Zeit

Raben tragen

seine toten Tage

in die Sonne

ganz hinein

Theater

Mai 5th, 2007

Fremde Rollen

zu spielen

aber wie

wo alles

doch spielt

Entfremdung

rollt immerzu

Ent-fremdung was für ein Wort

eigentlich hieß es doch Nähe

Ent-eisung Ent-grenzung

die eigene Rolle

was wäre das

gab es die je

sich zu sein

nicht nur momenthaft

am Ende im Applaus

in welchem Bühnenbild

bist du zu Haus

setz die Maske auf

ich will dich sehen

dies ist der Dolch der Muse

Haut und Maske sind eins

ungeschminkt

der Mond dort ist mein blindes Aug

die Raben meine Schreie

und die abgefallenen Äste

 

meine Liebe zu dir

Film

Mai 5th, 2007

Sie kam, ging und sah nicht hin. Sie wechselte die Welten, Männer, Hemde. Alles ist Film. Glatt und lakiert. Im Scheinwerferlicht wird Unbekanntes durchbrochen. Die Aufklärung längst ist schwarze Leinwand geworden. Der Tod grast am Schneidetisch.

Delila

Mai 5th, 2007

In deinen Händen

meine Haare

die Worte all

die sich verfingen

von Haar zu Haar

der Sprung

ins Abseits, Nichts

in deinen Händen

meine Haare

die Spitzen all

die mir genommen

in deinen Händen

meine Sprache

weht Wind

von ferner See

den Mond, das Salz

ins abgerissne Haar

in deinen Händen

meine Worte

sind ortlos all

und niemand

teilt sie

in deinen Haaren

all die Kraft

die mir genommen

das Schweigen

aus der Nacht geronnen

in deinen Haaren

meine Liebe ganz

ein Herz zerbrochen

und zu schwer

in deinen Händen

meine Haare

die Seele aufgelöst

um deine Finger

tanzen schwarze Raben

Gi 13

Mai 5th, 2007

In der Ringallee

suchten sie

das Standesamt

Gi 12

Mai 5th, 2007

Röntgen war hier

er wollte

durchleuchten alles

Strahlengesang

nun liegt er begraben

im Dunkel

durchwandert die Erde

der blinde Wurm