Die Liebe von Feder und Fels
rheinabwärts Heilisenwerth
noch vor der Rund Kripp
auf dem quasimodo-buckelhaftigen „Osterei“ – Felsen
Auf den Klippen
bleicht
eine Krähenfeder
*
der Wind
wirbelt sie
manchmal
an den Wellenrand
*
der Schaum der Wellen
treibt sie
wieder nach oben
*
die Sonne
dörrt sie aus
*
die Wolken
ziehen über sie
hinweg
*
manchmal
näßt
Regen sie
zersaust
atmet sie auf
*
das Salz
der Luft
trocknet sie wieder
*
sie ist die Gespielin
des Fels
seine einzige Liebe
*
sie belebt ihn
sein ganz in Stein
verharrendes Sein
*
auf seinem Felsenbuckel
auf seinem Klippenherz
liegt sie
eine Paradiesnadel
schwarz beflügelt
*
Spur eines Flugs
in die unsichtbare
Stille hinein
*
leicht liegt sie
auf ihm
schwebend fast
*
und sticht doch
in die Tiefe
tiefer als Strom
alle Konturen
der Welt
*
so verharren sie
Feder und Fels
und teilen die Sonne
Himmel, Erde und Strom
*
manchmal
ruht der Mond
zu ihren Füßen
und sie baden
in seinem Licht
Feder und Fels
*
sie teilt ihm
alles was sie erflog
er alles
was er erschwieg
*
sie sind nicht allein
sie leben in allem hier
in den grünen schmalen
zartgezackten Weidenblättern
im Rascheln des Laubs
in der Spitze des Dorns
im Gleiten der Schlange
*
sie schwimmen mit den Fischen
fliegen mit den Raben
atmen im Feuer der Nesseln
*
ein Stern fällt zu ihnen hinab
gelöst Sekunden aus Nichts
aus einer anderen Zeit
im Abseits dahingeweht
eine Krähenfeder
ein Fels noch nicht gesprengt
die Ruderschläge der Nacht
durchziehen Berge und Strom
kämmen die Wellen
*
eine Krähe
die sticht in den Fels
den Flug
herzhin
eine Liebe
die trägt auf den Flügeln
die Schwere des Fels
leicht wie ein Weidenblatt
*
inmitten des Stroms
Klippe, Feder und Fels
sie fächern das Schweigen
inmitten der Strömung
in ihnen pocht der Strom
sich Atem
zu der Nacht, den Sternen
in ihnen verharrt
was aus der Welt
so schnell fällt
auf einem Fels
ruht eine Feder
schwankend im Wind
niemand sieht
wie sie schreibt
unsichtbar nachts
in die Haut des Fels
mit fremder Hand
ein griechisches Wort :
“ A N A N K E “