Kunst bewegt zur Toleranz – Heine 23

Ich habe nichts vernommen

ich hab auch nicht gefragt

sind sie die Treppen stiegen

und ausgerutscht dabei

gab es Protest und leere Spiele

lief alles diesmal glatt vorbei

war Regen oder Sonne

war Andacht oder Eitelkeit

war ein Gefühl von Größe

bei soviel hohen Herren

wie fühlt man sich gerühret

wenn soviel Welt zu Gast

es schmeichelt jeder jedem

schick genug für Landrat Schick

ob die Presse war dabei

das brauch ich nicht zu fragen

gucken stets nach Titel

und ansonsten sind sie still

dem Institut von Heine

gab ich den Tip mit Horn 2002

haben aufgegriffen sie es jetzt

vielleicht da kommen doch noch Zeiten

daß Dichter wenn auch nicht von diesem

vom letzten noch Jahrhundert auch zugegen

doch immerhin wir sind schon angekommen

im Neunzehnten das ist schon viel

das Grauen wird nicht besser

die Texte schreiben nicht mehr schnell sich hin

ach am Ende war noch Regen

und das ist kein Segen

habe noch vor Augen

wie obwohl ganz abgesichert

wie die ersten Christen fühlten sich

Frieden war ganz in Gefahr

mutig ruckten sie den Kopf

ganz in die Höh

schon beim ersten Tropfen

den man vorher so geduckt

ach Gewissen ist ja leicht

täglich kann man kaufen es in Zeitung

weil es ist so leicht

schwebt es auch so schnell dahin

ach wir haben ja vor Augen

Oskar trommelt schon mit drei

früh genug kann Widerstand nicht sein

ach ich hab soviel erlebt

falsche Gränze, falsche Gräber

falsche Namen alles war dabei

Horn war auch Franzosenhasser

Winand hasste ebenso

aber mehr die Juden

ach die Heimat ist ein Greul

immer gilt es wegzugucken

auszuschalten und radieren

nur an Festen kostümiert sich alles

tolerant und bunt und mützig

hüpft dann selig ganz vereint

und der Wein er macht es möglich

daß die eben sich noch morden

in den Armen liegen wonnevoll

schön war immer Kaffee Kuchen

hier in Marburg

wenn die Brüderlichkeit begann

einmal wöchentlich im Jahr

fing stets an im Offizierscasino

erster Weltkrieg Orden alte Herren

unsere Arbeit in der Presse

und die Juden  mußten loben, loben, loben

Frau Bandirektor hochgehoben

laut erwähnt

und die alte Frau daneben flüstert

sagt ich bin hier auch gewesen

und vertrieben worden einst

und du konntest lernen viel

von den die viel gelitten

nur die Glasur vom christlich Kuchen

war dir stets zu glatt und matt

hättest gern gesehen auf Pfingsten hier

jenen Herrn der auch begrüßt die Gäste

Mitglied ist – goggle sieht es –

der Historischen Kommission

ach ich schweige still

was sich da in Köln getrieben

wie sich wer geschmückt

mit der Arbeit eines andern

ach ich wär so gern dabeigewesen

jetzt bei all den hohen Herren

diesmal glaub ich

hätt ich’s doch ertragen

letztes Mal da wurd mir schlecht

soff die ganze Nacht davor mit einem jungen Rechten

der jetzt tot im Grab schon liegt

kotzte, kotzte soviel Wendehälse

manchmal schmerzt der Fortschritt auch

in mir blieb noch unbewältigt

was sich leichthin wälzt nun fort

in der Unschuld aller

die scheint’s immer schon gewesen

ach ich liebe die Kapelle

steht’s zieht sie die Leute an

stell mir Heine deinen Text jetzt vor

ihre Wasserspeier lachen

Fratzen und Grimassen ganz verzerrt

heute kommen die   die gestern flohen

blind Romantik sucht ihr Seelenheil

Carus findet seine Heimat wieder

Pilger sind wir alle

streben all nach oben unbedacht

wie die Pfeiler, hohen Fenster hier

wechseln nur die Pfade, die wir treten

und die Namen die wir treten auch

plötzlich mischt sich um das Kartenspiel

doch was dazwischen ist gewesen

niemand sieht die Tricks

nein es waren keine Tricks gewesen

offen Löcher und Vergessen

Abgrund  harmlos scheinbar  Kraft durch Freude

mühsam das Erinnern aus dem Dunkel

tiefer auch geleugtner Schuld

nicht von oben fiel was jetzt

von oben besserwissend gar serviert

kleine Schritte unbeachtet

die doch Änderung bewegt

ja es kam so mancher zur Besinnung

als es galt noch vor dem Tod

eine Stadt die wandelt sich

erst wenn alle Vorurteile gehen

hier in der Kapelle

als noch Gras den Boden deckte

wild und frei der Zutritt war

einst ich auch fein Vortrag hielt

über fast genau dasselbe

drastisch, schaurig,düster, finster

Zuhörer zwei, drei Touristen war’n

und es gab dafür ne Mark

und ich rauchte meine erste Zigarette

in der Nische wo der Heilige einst lag

und der Heilige er war nicht heilig

und ich keuchte, hustete ganz stark

 

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